EXPO 2025 Osaka
- Ingo

- 7. Aug.
- 7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 9. Aug.
Depesche 20 - 06.08.2025 - Osaka

Osaka ist irgendwie eine seltsame Stadt. Groß, mächtig und natürlich pulsiert hier das pralle Leben. Aber so richtig anfreunden können wir uns nicht. Vielleicht liegt das daran, dass wir tatsächlich viel zu wenig Zeit für diese Metropole eingeplant haben. Auch, wenn die letzte Depesche ein wenig - ich nenne es mal vor richtig - verurteilend geklungen hat, ist es doch ganz schön hier. Allerdings ganz anders, als im restlichen Japan - zumindest von dem, was wir gesehen haben. Aber es stellt sich natürlich die Frage, ist London wie das übrige Groß Britannien, Ist Rom wie der Rest von Italien? Fragen über Fragen des Orients. Osaka ist eine Glitzerwelt, zumindest des Nachts. Allein, dass jemand seine Katze mitbringt, das Körbchen auf ein Podest stellt - natürlich alles mitten im tiefsten Namba auf einer der Flussbrücken - und bietet kostenfreies Katzen-Streicheln an. Das eine ist das Aufstellen einer solchen Installation, das andere ist es, dieses Angebot auch anzunehmen. Aber, die Japaner sind echt jeck, wenn es um Katzen geht. Der arme Kater ist bestimmt völlig wund, von dem Massenandrang an Streicheleinheiten. Heute morgen stehe ich im Starbucks - ja, ja, ich weiß - und neben mir in der Schlange wartet eine junge Frau, die einen

Kinderwagen, ganz ins Rosaplüsch, neben sich stehen hat. Als es aus dem Wagen miaut, wird mir erst klar, dass sie da ihre Katze mit ins Café genommen hat - in einem rosa-Kinderwagen. Was soll ich sagen? Verrückte Welt. Natürlich haben wir hier leckere Oktopusbällchen bekommen, schließlich ist Osaka genau dafür berühmt und - zugegebenerweise - sie waren wirklich vorzüglich. Dennoch fremdeln wir mit der glitzernden Schneekugel im Süden von Honshu. Die Burg steht bspw. nicht auf unserem Programm, sie ist in der langen Geschichte der Stadt mehrfach abgebrannt und besteht heute nur noch aus einem Nachbau, der innen komplett aus Beton besteht. Vielleicht ist es die mangelnde historische Authentizität, weshalb wir hier nur ein vordergründiges Bildnis vermuten. Das ist natürlich ungerecht, denn die meisten - heute noch besuchbaren - historischen Städten Japans, sind irgendwann einmal einem Feuer zum Opfergefallen, sei es durch einen, der zahllosen Kriege oder auch nur schnöde als Folge von


Erdbeben. Es ist alles ziemlich schwer zu erklären. Natürlich gibt es auch tolle Geschäftsstraßen oder -gassen. Wir fühlen uns sofort wohl, wo die allgemeine Küchenanbietergilde ihre Läden hat. Wo es alles gibt, was den japanischen Starkoch oder auch nur einfachen Hobbykoch glücklich macht. Ich brauche mehr Küchenmesser, so viel ist mal sicher. Und längere. Und mit mehr traditionellen Gravuren. Auch preislich ist da noch Luft nach oben, keine Frage. Doch auch den Ankauf eines 80 cm langen, individuell gravierten Thunfischtranchiermessers - für läppische 8900,00 € - verschieben wir auf unsere Tage in Tokyo. So sitzen wir morgens im Bulli und entschließen uns spontan für einen Besuch auf der EXPO Osaka 2025.


Damit dem geneigten Leser klar wird, was das für ein aussichtsloses Unterfangen ist, hier folgende Kurzerläuterung. Zunächst muss man sich einen Account beim Veranstalter der Expo anlegen. Sind wir im vergangenen September schon angegangen(!). Hat bei Anni geklappt, bei mir nicht. Dann waren für den gesamten Zeitraum unserer Japanreise bereits online alle Tickets vergriffen. Selbst auf der Warteliste stehen wir an - gefühlt - 500.000ter Stelle. Bis heute, nie wieder etwas davon gehört. Also fahren wir los. Es sind gut 24 Kilometer bis raus auf die künstliche Insel Kansei, die neben dem Containerhafen extra dort angelegt wurde. Es geht quer durch die Stadt. Viele Glastürme und Trabantenstadtteile liegen bereits hinter uns, als wir knapp 1,5 Stunden später die hohe Brücke zum Containerhafen überfahren und rechtsseitig das EXPO Gelände sichtbar wird. Von der hohen Brücke aus, hat man einen fantastischen Blick auf den Großraum Osaka. Irgendwie ist die Straßenführung verwirrend und bei allen Zufahrten blitzen wir ab. Einmal ist es der Parkplatz für die Mitarbeiter, dann ist es der Parkplatz für Behinderte - der komplett leer ist -, dann ist es ein Parkplatz, wo es zur Verladerampe für Containerschiffe geht. Es ist der Wurm drin, so viel ist mal sicher. Keiner der „Wachposten“, die es übrigens im Überfluss gibt - wie im restlichen Japan auch - spricht Englisch und so bekommen wir durch Zeichensprache und Google-Übersetzer raus, dass der schnöde Parkplatz für die Plebejer auf der anderen Seite der Brücke ist, über die wir gerade erst angereist sind. Aha, so so.

Wir wenden und fahren zurück. Überall hängen EXPO 2025 Schilder, aber keinerlei Hinweise, die praktischer Natur sind. Das ist das analoge Problem in einer digitalen Welt. Bei dieser EXPO geht alles digital, wer analog anreist ist verloren. Nach einigem Suchen, finden wir einen PKW-EXPO-Parkplatz. „Ob wir reserviert hätten?“ „Nein!“ „Nein?“ 6500 Yen bitte schön, darin ist auch der Shuttle enthalten. Aha, so so. Knapp 40 Euro für den Parkplatz, 5€ mehr als der Eintritt kostet. Ich schaue die beste Pottprinzessin der Welt an, die schüttelt den Kopf. Wir wenden und fahren eine Runde weiter und parken am großen Baseball Stadion für 1200 Yen 24 Stundenticket. Laufen zurück und wollen zum Shuttle, da werden wir aufgehalten, Shuttle ist nur in Verbindung mit Parkplatz möglich. Aha, so so, mehr Steine auf dem Wege der Abzocke geht nicht! Wir laufen - es sind gut 3 Kilometer, zwischendrin die hohe Brücke, es sind 37 Grad und fast 70% Luftfeuchtigkeit. Aber Abzocke ist Abzocke und da kennen die uns schlecht - so nicht! Also wackeln wir los - mit dem Lippenbekenntnis, „das wollen wir doch mal sehen“ - in die gleißende Mittagshitze. Oben auf der Brücke herrscht richtiger Wind - erfrischend, mit einem Wahnsinnsausblick. Wir sind angefressen, wegen dieser wirklich leicht zu durchschauenden Nummer. Nicht, dass es um 40 € gehen würde, aber, wenn man es so schamlos macht, dann werde ich immer etwas unleidlich. Nach einem strammen Fußmarsch stehen wir vor dem






Osttor der EXPO und fragen uns zum Ticketschalter durch. „2 Tageskarten bitte.“ Zu unserem größten Erstaunen, insgeheim hatten wir beide gar nicht damit gerechnet, dass das klappen würde, händigt der Mann uns zwei Tageskarten aus und wünscht uns viel Spass. Einfach so, wir sind drin! Was ein Affentanz um die Online-Tickets. Da stehen wir nun, etwas perplex an der riesigen Holzkonstruktion, die das gesamte Gelände umgibt. Es ist gut besucht, aber bei weitem nicht überfüllt. Natürlich gibt es auf dem Gelände einen Lawson-Markt, bei dem wir uns mit Mittagsproviant versorgen. Dann stravanzeln wir los, so ohne Plan, denn wir sind ja völlig unvorbereitet hier reingestolpert. Die große Holzkonstruktion, besser bekannt als The Grand Ring begeistert uns. Treffender kann man das nicht sagen. Natürlich gab es im Vorfeld riesige Diskussionen in Japan, ob die öffentliche Hand denn das Ding finanzieren müsse, in Anbetracht der verschlissenen Straßenbeläge des Landes. Was soll ich sagen, dass mit den Straßenbelägen kann ich nachvollziehen. Aber diese Anlage ist einfach atemberaubend. Mit einem Durchmesser von 700 m und einer Höhe von etwa 20 m, gilt die Konstruktion des japanischen Architekten Sou Fujimoto, derzeit als das größte hölzerne Bauwerk der Welt. Zumindest sagt das das Guinness-Buch der Rekorde. Die Wärme und das Holz verströmen einen seltsam irdenen Geruch, der sehr angenehm über dem Gelände liegt. Ein bisschen so, als säße man in einer gigantischen finnischen Sauna. Wir verschieben den Gang auf der oberen Konstruktion auf später, denn wir haben festgestellt, dass es am Stand von Nepal Johl Momos und Mango-Lassi gibt. Leider habe ich ausgerechnet heute nicht mein Kathmandu T-shirt der Firma Sherpa an. Damit wäre ich groß rausgekommen hier. Aber was solls,





nach wenigen Minuten sind wir im Gespräch mit einem Mitarbeiter der aus Bhaktapur kommt. Allein der Geruch der Speisen, die hölzernen Fenster und wir sind geistig wieder in Nepal. Am Stand der Teutonen herrscht Ausnahmezustand. Ich besuche immer gern so deutsche Pavillons auf Ausstellungen, wie ich in fremden Ländern in Buchläden stets einen Reiseführer von Deutschland durchblättere. Nur mal so kucken. Aber, egal was die Presse wieder an Haaren in der Suppe gefunden hat, es ist eine supertolle Performance. Das generelle Thema der EXPO „Designing Future Society for Our Lives“ nehmen die Deutschen richtig gut in Angriff. Der Stand ist aus wiederverwertbaren und bereits recycelten Materialien, im Innern, Hightech-Innovation mit Touch-Technologie und analogem Anfassen. Großartig. Doch am besten gefallen hat uns der kleine digitale Guide, den man am Eingang bekommen hat, den sogenannten Circular. Das ist ein kleiner Kunststoffkopf, den man mit der Kopfoberseite an digitale Kontakte legt und bspw. so die Sprache festlegt. Tippt man mit dem Kopf auf einen Austellungsmarker und


hält dann den „Mund“ des Circulus an sein Ohr, werden die Informationen abgespielt. Ein multifunktioneller Audioguide, der je nach Thema oder Sprache, die Farbe wechselt. Es geht um Wasserstoff, Urbane- und Mobilitätskonzepte, ressourcensparendes Design und Lebenräume, CO2-Problematik und, und, und. Die Besucher sind derartig begeistert aus dem Deutschen Pavillon, dass wir ein ziemlich stolz waren auf unser Land. Außerdem sind besonders die Chinesen über Bier und Bratwurst hergefallen.



Korea setzt ganz auf digitales Hightech. Vorab müssen alle Besucher einer Gruppe (so knapp 40 Besucher) eine Stimmprobe abgeben, die dann im Innern des ersten Raumes von KI in ein Licht und Musikkonzert verwandelt wird. Außerdem sind auch hier Kommunikation, Wasserstoff und urbanes Vernetzen große Themen. Ich sehe schon den geneigten Leser innerlich zucken, er ist grad mal beim 2. Stand angekommen, es wird eine lange Nacht. Natürlich sind wir begeistert, denn diese EXPO war sehr besonders für uns. Wer hat schon Gelegenheit in Japan eine Weltausstellung zu besuchen. Für uns ist aber die gesamte Stimmung so unglaublich positiv, dass wir heute immer noch ganz beseelt davon sind. Denn, in unseren finsteren Zeiten, tut das mal so richtig gut, wenn Menschen unterschiedlichster Nationen zusammen kommen und mit Stolz ihre Ideen, Visionen, Innovationen zeigen, dabei kommunizieren, lachen und ausprobieren. Das ist für uns so richtige Völkerverständigung. Überall duftet es nach fremdländischem Essen, verschiedenste Sprachen dringen ans Ohr, Musik, jegliche Form der Visualisierungen, alles













in allem ein wirkliches Konglomerat an miteinander, wie ich es selten erlebt habe. Wir nutzen das weiche Abendlicht für einen Rundgang über den Grand Ring, lassen die ausgelassene Stimmung der Menschen auf uns wirken, denn all das gemeinsame internationale Lachen, lässt doch hoffen, dass die autokratischen Spinner einfach nicht gewinnen können. Lieber Leser, falls du noch zur EXPO nach Osaka zu reisen beabsichtigst, der Stand der Philippinen war unser Aha-Moment. Die haben das so zum Niederknien schön gemacht, dass wir super begeistert waren. Ein mögliches neues Reiseziel tut sich auf unserer Liste auf. Im Eingangsbereich läuft eine riesige digitale Visualisierung aus einem Webstuhl heraus - super gefilmt übrigens - und im Innern setzt sich das Thema Webteppich fort. Und mit sehr kreativen Mitteln haben die Jungs und Mädels die verschiedenen Teile / Inseln ihres Landes über dieses „Webteppichthema“ an den Mann und die Frau gebracht, dass das für uns ein super gelungener Abschluss des Besuchs war. Natürlich haben wir nur einen Bruchteil des Angebots sehen können, denn dazu waren wir viel zu spontan vor Ort. Den Gastgeberpavillon können wir nicht sehen, denn dazu gibt es so viele Onlineanmeldungen, dass wir nicht dazwischen kommen. Aber das macht nichts, wir nehmen so viele Eindrücke und Freude in unseren Seelen mit nach Hause, dass wir irgendwann bestimmt vom japanischen Pavillon wohl ein Filmchen auf YouTube sehen können. Konbanwa folks!






