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Das kaiserliche Hofamt erteilt Genehmigung . . .

  • Autorenbild: Ingo
    Ingo
  • 3. Aug.
  • 11 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 3. Aug.


Depesche 16 - 02.08.2025 - Kyoto



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Lieber Leser, wenn es im Verlaufe des Textes zu sich häufenden Ungereimtheiten kommen sollte, dann liegt das daran, dass ich rechtschaffene müde bin. Heute war der Tag der Tage, der Tag des kulturellen Kyoto-Marathons. Sage und schreibe 6 historische Orte haben wir - überwiegend zu Fuss sowie mit Bussen, örtlich und intellektuell erkämpft. Buchstäblich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang! Jawohl, wir wollen soziales Lob für das bewusste Eintauchen in fremde Welten und Denkweisen. Denn, mal ganz ehrlich, vieles hab ich da nicht verstanden. Vorne weg die Frage, warum der Tenno der Größte ist und nichts darf, sein Wort aber Gesetzt ist. Der Shogun darf alles, ist aber der erste Diener des Tenno und meist moralisch das Letzte. Der geneigte Leser sieht, Eintauchen ist nicht gleich äquivalent mit durchdringen.


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Aber beginnen möchte ich erst einmal mit dem Koban. Darunter versteht man die Polizeistation eines Stadtviertels. So weit, so gut. Doch hier ist man nicht nur Freund und Helfer, sondern auch Geheimnisträger aller Vorgänge im Viertel. Zum Beispiel wäre da zunächst einmal ein tiefgehendes Verständnis aller Mysterien, die so zwischen den Häuserzeilen abgehen. Denn, man höre und staune, in Japan werden Hausnummern nicht nach chronologischer Häuserzeilenabfolge vergeben, sondern nach Baudatum. Da kann es allerdings mal passieren, dass so ein kaiserliche Amazonpaketbote die Hausnummer 3 sucht und die ist am anderen Ende der Straße, weil dort das dritte Bauwerk in der Dori - japanisch für Straße - entstanden ist. Da kommt der Beamte, gewissermaßen der Hüter aller Viertelgeheimnisse ins Spiel und kann dem Boten seiner Majestät Hilfestellung leisten, damit man Frau Ohashi aus Haus Nummer 3 finden kann, deren Edo-Bude zwischen den Hausnummern 75 und 34 liegt. Ich dachte, ich erwähne auch mal solche systematische Feinheiten, für alle, die manchmal unsere teutonische Heimat als überbürokratisch empfinden.


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Um 05:45 Uhr klingelt mein Wecker. Früh raus ist wichtig, vor allen Dingen für den Fotografen. Wir wollen als erstes zu den beiden großen Amida Butsu Tempeln, dem Nishi Hongan-ji und Higashi Hongan-ji. Da ich auf gar keinen Fall willens bin, die Tempelansichten mit 5000 Chinesen und einem größeren italienischem Halbnudistencamp zu teilen, muss man früh raus. Außerdem sitzt die Bildungsblamage aus Uji noch tief, wo ich selbst die Goldene Stunde zum Besuch des Tempels vorgeschlagen habe. Der geneigte Leser erinnert sich, Buddhisten richten ihre spirituellen Bauwerke immer nach Osten aus. Wir stehen mit unserem Bulli auf dem einzigen Campingplatz, den Kyoto zu bieten hat. Na ja, Campingplatz ist da schon ziemlich hochgegriffen. Es ist ein Schleppdach, wo mehrere Vans hinter- und nebeneinander Stellflächen haben. Außerdem wird es unter dem Dach bis in die Abendstunden etwa 50 Grad heiß, sodass selbst Anni des Nachts keine kalten Füße hat. Jawohl, das musste mal angemerkt werden!


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Es ist Samstag und daher ist es gegen 07 Uhr noch ziemlich leer im Tempel. Spirituell gesehen sind beide Anlagen, die etwa 500 Meter auseinander liegen, wohl so das St. Peter des Buddhismus in Japan. Aber einfach nur Buddhismus wäre ja auch viel zu einfach. Alles, was ich heute morgen zwischen den unfassbar dicken Holzsäulen und äußerst aufwendig gestalteten Toren gelesen habe, hat mich eher verwirrt, als dass es zu Erleuchtung geführt hätte. Was soll ich sagen. Der Nishi Hongan-ji Tempel ist einer von zwei Jōdo-Shinshū-Tempelkomplexen in Kyoto, aha so so! Der andere ist natürlich der Higashi Hongan-ji, den wir im Anschluss besuchen. Der ist auch der Haupttempel der Untersekte Ōtani-ha. Also, hab ich gelesen. Untersekte, so so, was soll ich sagen? Wenn der geneigte Leser jetzt diese Info nicht in seinem Allgemeinwissen einordnen kann, den kann ich hier wieder einmal beruhigen. Die Glaubensrichtungen Japans sind verschlungener als das gemeine westfälische Efeu. Zurück zum Nishi - der riesige Backs wurde 1591 an seinem heutigen Standort errichtet. Viele seiner Gebäude sind im Originalzustand erhalten - so aus der frühen Edo-Zeit - was ihn zu einem sehr eindrucksvollem Beispiel japanischer Architektur des 17. und 18. Jahrhunderts macht. Punkt 7 Uhr betreten wir die Anlage über die Hauptbrücke, von Osten her - durch das sogenannte Goeidō-Tor - so hat man die große „Gründerhalle“, genannte Goei-dō, vor der Linse. Der bauliche Wahnsinn im Morgenlicht! Und ihr könnt euch alle gar nicht vorstellen, wie da der Auslöser fluppt. Die Goei-dō stammt nämlich aus dem Jahr 1636, der geneigte Leser erinnert sich - da herrschte bei uns noch der 30jährige Krieg - und ist sagenhafte 62 Meter lang und knapp 50 Meter tief. Und alles aus Holz, ziemlich viel Holz und auch dickes Holz. Annika-sama und Ingo-sama, sind natürlich auf weißen Söckchen unterwegs und das Bonbon des ganzen ist, dass kaum jemand hier ist. Außer vielleicht ein paar Hardcore-Buddhisten. Doch der Tempel lädt explizit zum Verweilen ein. Nett, sogar sehr freundlichst, wie ich finde. Steht vorne auch drangeschrieben, dass man herzlich eingeladen ist, die Ruhe des morgens an diesem besonderen Ort zu genießen. Das tun wir ausgiebig. Mit dem weichen Morgenlicht, dem angenehmen Geruch von warmen Holz und Tatamimatten und noch einer gewissen morgendlichen Temperaturmilde, haben wir hier einen wunderschönen Start in den Morgen.


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Mit einem brückenartigen Gang verbunden, schließt sich die Amida Halle, genannt Amida-dō an. Die ist total neu, so aus dem Jahr 1760. Verglichen mit der Gründerhalle ist die Amida-dō auch lächerlich klein, grad mal 45 m lang und 42 m tief. Wie gesagt eher lächerlich. An der Südmauer hat man ein prächtiges Tor verbaut, hinter vorgehaltener Hand muss ich hier beichten, dass es im chinesischen Stil gebaut wurde, was ich aber aus Gründen des japanischen Nationalstolzes hier nicht zu breittreten möchte. Leider ist das Tor nicht passierbar, aber schön an zusehen allemal. Scheint auch ein Importtor zu sein, kommt angeblich von der Burg Fushimi, die in irgendeinem anderen Stadtteil von Kyoto liegt. Weil es aber so wunderschön verziert ist, hat das Tor den Beinamen „Abendsonnen-Tor“. Die massige und zugleich filigrane Bauweise, kombiniert mit japanischer Schlichtheit, macht diesen Ort so besonders. Aber, wir müssen weiter, die Chinesen sind bestimmt inzwischen auf und verwüsten die Hotelbüffets, während die italienischen Halbnudisten ihren letzten Espresso runterkippen, bevor sie zum Buss eilen. Also eilen wir weiter, zum Higashi Hongan-ji Tempel durch einige ziemlich schöne, aber auch sehr verschlafene Gassen Kyotos.


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Wir erreichen den Higashi ebenfalls vor den Massen. Am Eingang gibt es ebenfalls ein Wasserbecken, kein Trinkwasser, mehr so zum Händewaschen. Der Buddhist ist da ganz reinlich. In dem Zusammenhang kommen uns immer wieder, sagen wir mal vorsichtig, die etwas an hygienesparenden Shivatempel Indiens in den Sinn. Gott, ist das alles sauber hier! Wenn ich dem geneigten Leser die öffentlichen Toiletten in den Tempelbezirken zeige, dann wird jeder sein Bad abschließen und herkommen wollen, weil die so sauber und gepflegt sind . . .


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Das der Higashi der Hauptempel der „buddhistischen Sekte“ ist, wird schon am Drachenbrunnen deutlich. Der ist eindeutig wesentlich größer dimensioniert, als am Nishi. Der Higashi Tempel ist jünger, doch bleibt sich der Grundriss beider Gebäudeformationen gleich. Nur die Gründerhalle des Higashi ist da mal eben zweistöckig. Also ein ziemlicher Klapper, wenn man da so durch das Osttor herein geschlendert kommt. Die Hallen, Dekorationen und Mengen an Holz, die verbaut wurden sind da schon ganz schön beeindruckend. Man sagt, dass der Higashi Hongan-ji-Tempel, Kyotos größte bauliche „Holzkonstruktion“ sei. Wenn ich sehe, welche Durchmesser da die Säulen haben, wen wunderts. Zu den schweren Holzpfeilern gibt es noch ne Story - schließlich sind wir in Asien - und da gibts immer ne Story zum Bauwerk. In einem kleinen Glaskasten liegt ein ziemlich dickes und schweres Tau ausgestellt. Man sagt - hört sich immer schön nach Legende an, wenn man den Satz so beginnt - man sagt also, dass in diesem Tau die langen Haare von gläubigen Buddhistinnen verwoben sind, womit die Taue eine größere Festigkeit hatten und so die massigen Stämme besser aus den Wäldern geborgen werden konnten. Irre, die Story wird mit einem 3D-Schaukasten über die Bergung der Baumriesen zusätzlich illustriert. Wichtig war hier, dass es die Haare von gläubigen Buddhistinnen waren - macht da halt wohl einen spirituell-physikalischen Unterschied. Der Seiler aus Yokohama, wird das wohl als Antiwerbung verstanden haben. Fragen über Fragen des Orients.


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Inzwischen haben wir rumgetrödelt, einfach im Tempel abgehangen, sodass unserer Zeitplan gehörig in Verzug gekommen ist. Die ersten Wolken bedecken auch den Himmel und für unseren Palastbesuch sehe ich schwarz, also grau - ich meine, so fototechnisch. Wir müssen eine knappe 2 Stundenlücke überbrücken und beschließen zur Fünfstöckigen Pagode zu eilen. Südöstlich des Bahnhofs gelegen, ist eine Tempelanlage, in deren Herzen ein schöner Garten und eine Fünfstöckige Pagode zu bestaunen ist. 1644 erbaut und mit 56 Metern, ist sie die höchste Pagode Japans. Nun hat das arme Bauwerk in doppelter Hinsicht schwer an uns zu knacken. Erstens ist es derartig bewölkt, dass sich das hölzerne Türmken eher dunkel bis schwarz gegen den verhangenen Himmel abzeichnet - ein Graus für den kulturbegeisterten Fotografen und, was viel schlimmer ist, wir haben - von unserer Zeit in Katmandu und Bhaktapur her - einen ziemlich hohen Standart was so mehrstöckige Pagoden angeht. Da man sie nur von außen Betrachen kann und die im Inneren befindlichen Malereien dem Reisenden schnöde vorenthalten werden, machen wir uns auf, der offiziellen Einladung in den Kaiserpalast Folge zu leisten. Wir nehmen den Bus, den falschen Bus. Google hat heute tatsächlich ein Fahrplanproblem, sodass wir kurzerhand in ein Taxi umsteigen, um pünktlich am Palast zu sein.


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Damit der geneigte Leser unsere Zeitproblematik versteht, hier einige, kaiserliche Erläuterungen. Der Kaiserpalast ist umgeben von ziemlich viel Garten und in einem Teil dieses Gartens gibt es einen weiteren Palast mit einem Garten. Also, ergo Palast mit Garten und darin ein weiterer Palast mit Garten. So weit, so gut. Der normale Kaiserpalast ist immer, kostenfrei zugänglich - also auf einer vorgeschriebenen Route, kann man da jede Menge japanische Formalarchitektur besichtigen und auch ziemlich viel geharkten weißen Kies. So, nun wird’s kompliziert. Für den Sento Imperial Palace, muss man sich online anmelden - mindestens drei Tage im Voraus. Hat uns ein bisschen verwirrt, wenn wir ehrlich sind. Denn der Sento Imperial Palace ist viel kleiner, als der eigentliche Imperial Palace . . . Fragen über Fragen des Orients! Ich werde versuchen, mich kurz zu fassen, denn über den Imperial Palace, könnte man - so rein informationstechnisch - 10 Meter Regalwand füllen. Der Kaiserpalast war - zumindest während des überwiegenden Teils seiner Geschichte - die Residenz des Tennos - also des Kaisers, das ist seine Jobbezeichnung. „Kaiser“ klingt ja nun nicht gerade so toll, wenn man zum Arbeitsamt muss und die fragen einen so unverblümt, was in der Vergangenheit gemacht hat. Der geneigte Leser, wird das jetzt für einen Witz halten, aber - man höre und staune - es gibt ja noch den Sento Imperial Palace - und der wird für die abgedankten Kaiser als Wohnort ausgewiesen. Also, hier kann man als Tenno schon mal seinen Job los sein. Da man sich dann die 1200 Zimmer nicht mit der koreanischen Auswandererfamilie teilen möchte, zieht man dann in den Sento Imperial Palace, Aha, so so! Seit der Heian-Zeit, dass war so von 794 bis 1185, bis zur sogenannten Meiji-Restauration, 1868, wurde der kaiserliche Palast in Kyoto ununterbrochen benutzt. Ein Wort vielleicht nicht zum Begriff Meiji Restauration. Das ist ein Synonym für die Wiederherstellung der gesamten Macht für den Tenno. Ab 1868 wurde das Shogunat abgeschafft und der Kaiser Meiji versuchte das Land strukturell, technisch-wissenschaftlich, wirtschaftlich und politisch neu auszurichten. Das Samuraiwesen wurde damit obsolet. Hat bestimmt in der Kriegerkaste für Begeisterung gesorgt, die ganze Sache. Zurück zum Palast. Irgendwann war sogar die Stadt Nara mal offizielle Kaiserstadt, aber dazu schreibe ich demnächst, wenn wir da ankommen. Die offizielle Funktion als Residenz endet für den Kyotoer Kaiserpalast also mit der Meiji-Restauration, als der Kaiser seinen Sitz nach Yedo (Edo), dem heutigen Tokyo verlegt. Gott, da müssen wir dann auch noch einen Kaiserpalast besuchen . . . Was soll ich sagen. Weiterhin existiert in Kyoto aber immer noch ein kaiserliches Hofamt - das sind die Jungs, bei denen wir uns anmelden mussten. Dieses Amt unterhält die Gebäude und das Gelände, das amtlich auch Kyōto Gyoen - „kaiserliche Gärten Kyoto“ bezeichnet wird. Wie gesagt, die Jobbezeichnungen in Asien, die Jobbezeichnungen . . . Ich werde jetzt nicht alle Gebäude beschreiben, die wir im Einzelnen gesehen haben, weil dann höre ich die regelmäßigen Schlafgeräusche des geneigten Lesers und meine eigenen auch. Wer tiefer in die Materie eintauchen möchte, dem empfehle ich hier Michaelsens Einführung in die Palastgeschichte. Vielleicht nur soviel, das Hauptgebäude umfasst neben anderen Hallen, die Halle für Staatszeremonien, die sogenannte purpurne kaiserliche Halle, ach, die - außerdem die sogenannte kühle/erfrischende Halle, was soll ich sagen - 37 Grad, Hofräume, extra ausgewiesen ist da ein, kleines, kaiserliches Zimmer, das kaiserliche Studienzimmer oder die Bibliothek, sowie eine Anzahl von Residenzen für die Kaiserin, die hochrangige Nobility und - zu guter letzt, Kammern für die Regierungsbeamten.


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Das ziemlich große und auch massige Haupttor an der Südseite des Palastes besitzt ein geschwungenes Dach aus Zypressenholz, was wohl vier massive Pfeilern benötigt. Neben dem Tor mussten die Gärtner ran, Bäumchen aussuchen. Die Jungs haben sich für heilige Bäume entschieden: eine Kirsche, japanisch Sakura, und ein Tachibana-Baum. Was immer auch letzteres ist. Dieses Tor wird nur selten benutzt, meist wenn der Kaiser ausländische Diplomaten oder Würdenträger empfängt, oder bei anderen total wichtigen Staatszeremonien. Warum wir da nicht hindurch gehen dürfen, erschließt sich mir jetzt auf den ersten Blick nicht. Direkt hinter dem südlichen Haupttor befindet sich ein rot bemaltes und mit Ziegeln gedecktes zweites Tor, das zum Shishinden führt, aha so so, was die Halle für Staatszeremonien betitelt. Der Shishinden wird immer nur aufgemacht, wenn da ein Haufen wichtiges Volk anwesend ist und irgendetwas total Wichtiges passiert, wie Kaiserkrönungen und Einsetzung von Kronprinzen, o.ä.. Das Ding ist schon imposant - 33 Meter lang und 23 Meter tief und in ziemlich traditionellem Stil mit Giebeln und vier abfallenden Dachseiten gebaut. Das unterstützt so ein bisschen unseren Eindruck: Der Palast ist schon ziemlich klein, so für den Sohn des Himmels. Wenn ich da nur an die fuffzig Meter langen Tempelklöpper von heute Morgen denke . . . Nun ja, die Anlage ist sehr sehenswert, obwohl der gemeine Pöbel vom kaiserlichen Hofamt nur außen rum gelassen wird. Besonders die Gradlinigkeit der Bauten, die Symmetrie und natürlich auch die gefühlten 30.000 Quadratmeter längs linierter weißen Kieses, machen das alles schon ganz schon beeindruckend.


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Doch die Zeit drängt, denn wir haben ordentlich viele mails vom kaiserlichen Hofamt bekommen, was alles passiert, wenn wir nicht pünktlich zum Termin vor dem Sento stehen. Jetzt ist der Park doch recht groß und wir kommen etwas ins schwitzen, bis wir denn vor dem schwer bewachten Sento stehen. Also, ich nur obenrum, oberhalb des Halses, ich trag ja ab der glühenden Mittagshitze Ventilatorweste, auch im kaiserlichen Umfeld - da kenn ich nix. So, nun löst sich das Rätsel. Wir müssen Paß und Einladungsmail vorzeigen, um einen Gang UM den Sento, durch die kaiserlichen Gärten, der arbeitslosen Kaiser zu machen. Aha, so so! Und, warum das pistolengegürtete Jungs mit dunkelblauer Chrysanthemenuniform da rumstehen: Weilt der aktuelle Tenno in Kyoto, so nutzt er die Arbeitslosen- oder Rentnerhütte als Feriendomizil. Wenn der eigentliche Palast aus der Heian-Zeit ist, dann ziehts darin wohl ordentlich, vielleicht ist da auch noch kein Strom, nur zeremonielle Talgkerzen von irgendeinem fetten Koberind und


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- was vielleicht noch schwieriger wiegt - die Toilette hat keine digitale Kommandozentrale . . . wer weiß das schon. Also der Tenno wohnt dann im Sento, was ich gut verstehen kann, denn der Park, der zum Guesthouse gehört, ist schon sehr sehenswert. Gegen 14:30 Uhr stehen wir, angefüllt mit unendlich vielen royalen Eindrücken, Details und kulturellen Spitzfindigkeiten vor einem angebrochenen Nachmittag und strahlend blauem Himmel. Denn die Geister der verstorbenen Kaiser haben es wieder einmal gut mit uns gemeint und mit Betreten der Palastanlagen lacht der Lorenz vor blauestem Himmel.


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Also, beschließen wir aus Hardcore-Kultur, Ultrahardcore-Kultur zu machen. Und laufen kurzerhand zur Nijo-Burg, wo die Shogune immer unterkamen, wenn sie nach Kyoto mussten. Hatte ich schon erwähnt, blauester Himmel . . . OK, hatte ich wohl schon. Außerdem setzt sich unsere Touristen-Leere auch in der Burg fort. Selbst im Kaiserpalast müssen wir zwischen zwei Chinesenschüben gekommen sein, denn es war total leer. Was soll ich sagen. Vor der Nico Burg, steht ein lächerlicher Reisebus, wo doch Platz für mindestens 20 klimatisierte Glasgeschosse wäre. Also rein, auch, wenn die Füße schon schmerzen. Das Innere sparen wir uns, da wir in den vergangenen Wochen ziemlich viele Tatamimatten gesehen haben. Wir umwandern die Burg, die viel größer, viel besser zu verteidigen und viel schöner ist, als der Sitz des Tenno, so viel ist mal sicher. Die Shogune scheinen schon ganz gut für sich und Ihresgleichen gesorgt zu haben. Da kann man dem Meiji-Kaiser nicht übelnehmen, dass er da mal durchgegriffen hat und den Herren ein paar Grenzen aufgezeigt hat. Jetzt sind wir erledigt. Anni ist schon schlafen gegangen, ich sitze hier im Dunklen vor der hellen Mattscheibe und vertreibe neben dem Tippseln die Tigermücken. Hochladen werde ich es erst morgen früh, denn abends ist hier das Netz häufig so überlastet, das es bis zu einer Stunde dauert eine Handvoll Bilder hoch zuladen. Konbanwa folks!

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