Am ostjapanischen Meer . . .
- Ingo

- 31. Juli
- 5 Min. Lesezeit
Depesche 13 - 30.07.2025 - Von Kanazawa nach Echizen

Konichiway folks, heute habe ich endlich stabiles Ianternet. Da habe ich doch mal eben die Gunst der Stunde genutzt und unsere Japangalerie auf den neuesten Stand gebracht. Außerdem ist heute ein Orga-Tag. Die Freiheit mit dem eigenen Fahrzeug durch ein Land fahren zukönnen, hat eben auch den Nachteil, dass nichts organisiert ist und man sich kümmern muss - so on the road . . . Denn wir müssen beim kaiserlichen Palast in Kyoto erst einmal unser begehr digital anmelden und sie lassen sich dann drei Tage Zeit für die Entscheidung. Ich bin inzwischen ja so handzahm, halte an roten Ampeln, fahre nicht schneller als 40 außerhalb geschlossener Ortschaften, usw. dass wir wohl auch die hier geforderte Etikette schaffen. Wir werden sehen. Darüber hinauPAuschalreise ist einfacher, aber da hat man meist eben die Ansage - picture point - 20 Minutes . . .
Heute trug Kanazawas Kachelmann wieder mal 37 Grad im Gepäck - und das schon ziemlich früh. Unser Bulli hatte sich so aufgeheizt, dass wir überlegt haben, ob wir nicht eine finnische Sauna eröffnen - so auf dem Parkplatz hoch über der Stadt. Doch vielleicht wären wir damit den Geishas ins Business gegrätscht, wer weiß das schon. So haben wir lediglich mit offener Heckklappe geschlafen - mit Mückennetz davor - versteht sich. Hier gibt es auch die lustigen gestreiften Tigermücken. Sorgen gemacht haben mir eigentlich nur die Bären, vor denen hier auf dem bewaldeten Plateau, hoch über der Stadt auch eindringlich gewarnt wird. Aber kein Meister Petz weit und breit, dafür eine Affenhitze - ohne Affen. Aber in meinem Inneren hat lange ein Entschluss gereift, so soll es heute sein. Ich benötige eine Ventilatorveste, so viel ist mal sicher. Wo wir das Wunderkleidungsstück der japanischen Workwearcotoure bekommen, ist noch fraglich. Doch zunächst steht der Ninjadera Tempel auf dem Programm, bevor wir nach Südosten weiterfahren. Eigentlich heißt der Tempel Myoryuji Tempel, aber das kann sich ja kein Schwein merken und die Gaijins ohnehin nicht und Ninjadera klingt sowieso viel cooler. So stehen wir um kurz vor 9 Uhr vor dem kleinen Tempelchen, den die Reiseführerautorengemeinde als eher langweilig beschreibt. Es geht ja nicht immer nur ums Aussehen, auch die inneren Werte zählen. Und außerdem ist das Thema Ninjas, spätestens seit Ian Flemings Man lebt nur zweimal - ja so ins Bewusstsein des Westtourismus gelangt. Lange Rede kurzer Sinn, im Inneren des Tempels sorgen etliche ausgeklügelte Geheimgänge und Verstecke für den nötigen Reisethrill, doch wir sind nicht reingekommen. Wie singt B.B. King so schön - The thrill is gone! Weil man sich wieder aufwendigst registrieren und sich einer Gruppe anschließen muss, haben wir auf die Führung verzichtet. Denn vor lauter Formalien, lief mir so das Wasser runter, dass sich die Kultur, als doch nicht so zwingend herausstellte. Also auf ans Meer, denn Anni, der eindeutige Scout unserer Japanreise, hat schon wieder den Trail klar gemacht. Ich bin ja nur der Fahrer, sei hier mal angemerkt!

Stadtauswärts kreuzen sich meine Pfade mit denen einer Filiale von Workman+. Das ist der Engelbert Strauß Japans und wir also sofort rein in die Bude. Natürlich spricht niemand Englisch, doch wir kommen super klar. Das Ventilations-Westen-System ist ein Baukasten. Man kauft "genormte" Akku-Ventilatoren, die dann in eine Batterie verschiedenster Westen, von noch mehr Westenherstellern passen. Super. Mit äußerster Sorgfalt wird das Set von Technik und Weste zusammengebaut und nun beginnt die kühle Jahreszeit, den Kyoto hat gerade nochmal zugelegt - so temperaturmäßig. Ich bin gerüstet. Das System ist sehr ausgefeilt, denn die beiden Vertilatoren bringen frischen Wind in die Weste - hört sich super dämlich an, funktioniert aber hervorragend. Der gesamte Oberkörper wird durch Windzirkulation gekühlt - auch bei 37 Grad Außentemperatur. Was soll ich sagen . . .

Nach gut 2 Stunden Fahrzeit erreichen wir das Ostjapanische Meer und gleichzeitig gehen alle Nachrichten los. Vor Kamtschatka hat es ein Erdbeben gegeben und für die gesamte Pazifik Küste Japans, ist eine Tsunami-Wahrnung in Gang gesetzt worden. Betrifft uns nicht, denn wir sind auf der anderen Seite des Landes und starren auf eine wunderschöne, felsige Küste. Wir sind da, wo der grüne Kreis ist . . . Also in Sicherheit!

Nach dem enttäuschenden Strand von Kanazawa, ist das hier der reisetechnische Lottogewinn. Ich habe selten so klares Wasser gesehen - plastikmüllfrei sowieso - und auf dem Grund in den seichteren Buchten liegen Hunderttausende glattpolierter Kiesel in allen Farbschattierungen. Waaaahnsinn. Auch das Klima ist sofort verträglicher, nur noch 34 Grad (!) und kaum noch Luftfeuchtigkeit. So folgen




wir der Küstenline für etliche Kilometer auf einer schmalen gewundenen Straße. Unmittelbar hinter der Straße beginnen die Klippen und die Fischerdörfer, die wir durchfahren, wirken alle irgendwie an die Felsen angeflanscht. Je kleiner das Dorf, um so traditioneller ist noch die Bauweise der Häuser. Das wirkt so exotisch, dass man sich hier und da schon um einige Jahrzehnte zurückversetzt fühlt. Natürlich gibt es auch immer wieder Schreine und Shoji-Tore, schließlich sind wir in Japan. Es ist toll und unbedingt empfehlenswert, denn - hier ist niemand. Zwischendurch gibt es immer wieder Sandstrände, doch die sind leer. Da hier erst zum 8. August die Sommerferien beginnen, lässt sich nicht sagen, ob das hier Gottes vergessenes Paradies ist, oder ob die Urlauber schon in den Startlöchern stehen. Fragen über Fragen des Orients!







Die meisten Fischerorte haben einen kleinen Hafen. Doch die sehen völlig anders aus, als alles, was ich bisher gesehen habe. Meist führt eine riesige Rampe in das Hafenbecken und die meisten Fischerboote - meist nur Nachtfahrer - liegen auf dem Trockenen. Nur die wenigsten Boote sind an einer der kurzen Kaimauern vertäut. Die Hafenbecken umgeben ziemlich hohe und auch massive Betonmauern, die einerseits als Wellenbrecher und natürlich auch als Windschutz dienen. Damit verlieren die Fischerörtchen so ein bisschen den Charme, wie so kleine Orte auf Bornholm bspw., doch auf Bornholm tritt auch nicht so häufig eine Tsunamiwarnung auf. Was soll ich sagen. Hier und da gibt es Cafés, die aber in ihrer Ausstattung auch in Südfrankreich oder Italien liegen könnten. Aber was wirklich fasziniert ist die Klarheit des Wassers. Legt sich der Wind für ein paar Minuten, ist das Meer spiegelglatt und man kann auch bei größerer Wassertiefe immer noch den Grund sehen. Zu unserem Michi no eki gehört auch ein Onsen. Onsen sind eine japanische Tradition und auch Institution. Bäder, die von heißen Vulkanquellen gespeist werden. Da Japan ja überhaupt auf einem der größten pazifischen Feuergürteln sitzt - so nennt das der versierte Geologe übrigens - gibt es hier landauf und landab eben jene Onsen. Dazu schreibe ich aber nun morgen - denn jetzt gibt es kalte Sobanudeln mit Huhn, Ingwer und Frühlingszwiebeln. Aloha und konbanwa folks!









