Pagoden, Pagoden, Pagoden . . .
- Ingo
- 10. Juni
- 19 Min. Lesezeit
Depesche 19 - Bago - 2016

Leise klingen die kleinen und großen Glöckchen im frühmorgendlichen Wind. Die unterschiedliche Größe erzeugt eine seltsame, ja fast getragene, unrhythmische Symphonie heller und dunkler Klänge, die uns mantrisch beim Umrunden der vier großen Buddhafiguren der Kyaik Pun Pagode begleiten. Zu dieser frühen Stunde ist es hier menschenleer, was uns die Gelegenheit bietet, diesen Besuch so richtig zu genießen. Kyaik heißt in der Sprache der Mon Buddha und das Wort Pun / Pon bedeutet vier. Irgendwann im 7. Jahrhundert hat hier jemand einen riesigen Buddha bauen wollen, aber vermutlich ist es dann so ein Wettstreit wie beim Empire-State Building und beim Chrysler Bildung geworden. Also hat man die knapp 30m hohe Buddhafigur einfach durch seine vier Zustandsformen (Kakusandha, Konagamana, Kassapa und Gautama) dargestellt und alle einfach Rücken an Rücken um einen massigen Quarder formiert. Natülich gibt es oben auf dem Quarder eine lustige kleine Stupa, mit Blattgold überzogen, versteht sich. Aber irgendwie wirkt sie mehr wie ein Fremdkörper, da sie für die Grundfläche des Quarders zu klein ist. Vielleicht ist dem Bauvorhaben einfach auch nur das Geld ausgegangen, wäre ja nicht das erste Mal, dass so etwas passiert.

Wir sind die einzigen Bleichgesichter, die sich zu dieser frühen Stunde an diesem heiligen Ort herumtreiben. Es ist alles penibelst gewischt und jede Menge Frauen huschen von Seite zu Seite der Figuren, wechseln Blumen, Kerzen und - nicht zu vergessen - den allgegenwärtigen Tempelmuff. Gott sei Dank oder korrekterweise Buddha sei Dank, stehen die Burmesen eher auf die etwas dezenteren Gerüche und verzichten fast ganz auf die olfaktorisch fragwürdigen Patschulidüfte Indiens. Hier werden überwiegend Sandelholzduftstäbchen abgebrannt, was für die Nase schon viel angenehmer ist. In Indien ist der Tempelmuff manchmal so penetrant, dass man spontan einen Yoga-burnout bekommen möchte, schon allein im Angesicht der Fliegen, die tot von den Wänden fallen. Die Figuren der Kyaik Pun Pagode sind aufwendigst vergoldet, frisch bemalt und schauen so friedlich drein, dass man gar nicht glauben mag, dass Teile dieses Volkes auch höchst aggressive Zeiten hinter sich haben.

Groß ist die Anlage nicht, aber irgendwie doch. Ich weiß, das klingt verwirrend, ist es auch. Die Buddhafiguren sind viel kleiner als die meisten Stupas hier, aber in ihrer figürlichen Ausdehnung wirken sie massiger, als die meisten anderen Pagoden. Hm, so der Taj-Mahal-Schlüsselloch-Effekt. Durch das Eingangstor sieht man nur den eigentlichen Baukörper des Taj und ohne die Minaretts kommt der ganze Backs ein bisschen wie ein Tiny-House daher. Als wir uns von der Kyaik Pun Pagode entfernen, scheint sie zu „wachsen“, also doch mehr so der Scheinrieseneffekt von Herrn Turtur. Aus der Entfernung wirkt es so wie eine exorbitante Puppenstube und wenn man direkt davor steht, wie ein massiger Koloss. Seltsam? Fragen über Fragen des Orients.
Inzwischen ist Bago wach geworden und der Verkehr entwickelt sich zu herrlich hektischer Unübersichtlichkeit. Hier gibt es inzwischen eine ganz Batterie an großen japanischen SUVs, Bago ist eben auch die viertgrößte Stadt Myanmars. Ich liebe das Verkehrstetris einfach. Wenn die Wale der Straße sich situativ staumäßig festfahren, dann schlägt die Stunde der kleinen Drei- bzw. Zweiradmobilität. Wie ein riesiger Schwarm kleiner Heringe schlängeln sie sich überall durch, füllen Lücken und erobern sich so eine Fläche, auf der der große Wal einfach nichts ausrichten kann. Ich habe von einem Geschäftsmann in Mumbai gelesen, der morgens von seinem Penthaus aus nur noch mit dem Hubschrauber zu seinem Arbeitsplatz fliegt - der innerhalb Mumbais (!) gelegen ist - weil er sonst nicht in einer „ökonomisch“ vernünftigen Zeit zur Arbeit kommt. Verrückte Welt!


Herr Han bugsiert uns gekonnt durch jeden Stau und liefert uns in Rekordzeit, quasi durch die Hintertür an der weiß-goldenen Mahazedi Pagode ab. Das hier ist ein seltsamer Ort, denn zu der ziemlich großen Pagode sind viele kleine Untertempel angeordnet, alle verschiedenster Bauart, sodass sich für einen Besucher aus dem entfernten Westen keine zusammenhängende Anlage ergibt. Wie bei allen anderen Bauwerken in Bago, gibt es auch hier keinerlei Informationstafeln, die uns in unserer Unwissenheit weiterhelfen könnten. Die Hauptpagode ist sehr groß, mit weißen Marmorstufen und einer vergoldeten Stupa. Der Goldüberzug sieht allerdings so ebenmäßig aus, dass es nicht das üblicherweise verwendete Blattgold sein kann. Als guter Reisender, weiß ich natürlich, was ich meinem kulturellen Intellekt schuldig bin und habe umgehend mit der wissenschaftlichen Recherche angefangen, sobald wir uns wieder im Mariner Hotel und damit in der geschrumpften Welt globaler Informationsabrufe eingefunden hatten. Also der Backs ist irgendwie aus dem 16. Jahrhundert und hatte - wie kann es auch anders sein - irgendein Körperteil des Buddha als Reliquie im Innern. Klar auch ... was sonst. Besonders die Häufung allermöglicher Reliquien des Siddarta Gautama hier in Burma macht mich stutzig. In der Stupa der Mahazedi Pagode gammelte also ein Zahn des

Buddha rum, der - auch wieder kaum verwunderlich - natürlich in Juwelen eingefasst war. Der geneigte Leser denkt an dieser Stelle vermutlich wieder kopfschüttelnd über meinen zweifelnden Charakter im Hinblick auf spirituelle Gegebenheiten. Aber wie ich im Verlaufe der Lektüre lerne, stellte sich dieses Relikt als ein Kopie heraus. Na bitte, da hatte ich ja wohl Recht mit meinen Zweifeln an dem Beißerchen in burmesischer Swarowskieinfassung! Jawohl, das musste mal Erwähnung finden. Außerdem - ja, ja, es ist Wasser auf meinen Zweiflermühlen, haben wir schon mal in Indien eine grobe Überschlagsrechnung aller uns über den Weg gelaufenen Buddhareliquien angestellt und sind zu erstaunlichen Ergebnissen gekommen. Während ein normaler Mensch sich bloß mit 32 Zähnen rumärgern muss, scheint der Erleuchtete mehrere Hundert davon in seiner Knabberleiste gehabt zu haben, wenn man bedenkt, wieviele Zahnpagoden es in Asien gibt, selbst wenn man die Milchzähne mitrechnet, muss es irgendwo antiken Buddhazahnersatz geben. In dieser, für mich wissenschaftlich völlig logischen Kausalkette ergibt sich natürlich die berechtigte Frage, ob der Zahnersatz, also die Dritten des Erleuchteten ebenso eine spirituelle Kraft besitzen, wie die Originalen. Natürlich ist auch jetzt der Empiriker hier gefragt, denn nun müsste man die Wunderdichte der einzelnen buddhistischen Wallfahrtsorte hochrechnen, um zu einem aussagekräftigen Ergebnis der eben aufgestellten These zu gelangen. Bei meinen beiden Yoga-Mitbewohnerinnen bin ich mir - ehrlich gesagt - ziemlich sicher, dass sie immer an den Fake-Reliquien-Pagoden rumgechillt haben - so viel ist mal klar! Na ja zurück zu den Fakten. Um den falschen Zahn hat es natülich ordentlich Fratzengeballer gegeben, dessen Einzelheiten schnell erklärt sind: Dom João Dharmapala Peria Bandara (1541 – 1597) war, wie dem geneigten Leser sicherlich bekannt ist,

ein König des Königreiches Kotte (Sri Lanka) und hat dem gammeligen Zahn zum Bau der Pagode gestiftet. Den Rest habe ich vergessen, außer, dass es hoch her ging und sich alle zahnfordernden Parteien einfach gegenseitig umgebracht haben, während die Pagode drei Mal bei einem Erdbeben schwer beschädigt wurde (13. September 1564, irgendwann 1583, und am 8. Oktober 1888). Komplett zerlegt hat es den Tempel dann 1930, nach einem weiteren ordentlichen Erdstoß. Was jetzt aus dem falschen Zahn geworden ist, entzieht sich meiner Kenntnis, vermutlich ist er irgendwo im Schatten der Geschichtswirren dieses Erdteils verschwunden ... Na ja, vielleicht hat ihn auch, nach einem der Erbeben, irgendein Rentner gefunden, die Klunker seiner Frau geschenkt und den Beißer in sein Gebiss dengeln lassen, wer weiß das schon. Fragen über Fragen des Orients! Aufgebaut wurde die Pagode dann wieder in den 1950ern, was ihr so wenig historisches Aussehen erklärt. Erstaunlicherweise ist es auch hier völlig ausgestorben und wir genießen diese Leere, die in Asien eher selten ist. Etwas abseits stolpern wir über einen Tempel, dessen





Bauelemente und Baustil eher nach Angkor in die Khmerbauweise gehört. Die schwere Dachkonstruktrion wird von etlichen Säulen im Innern des Tempels gehalten. Trotz weniger Öllampen und den üblichen LED-Disco-Lichtorgeln ist es funkelnd hell im Innern, denn alle Säulen sind vergoldet und ein Großteil der Wände auch. In großen, mit dunkelrotem Samt ausgeschlagenen Nischen stehen schlanke Buddhafiguren, deren Stil hier mehr an thailändische Buddhafiguren erinnern. Verwunderlich ist das alles nicht, denn der asiatische Tempelbau weist nur wenige Archtekturrichtungen auf und die verschiedenen Ausprägungen sind alle irgendwie miteinander verwand, da sie ohnehin überwiegend indischen Ursprungs sind. Die Stimmung in diesem Gemäuer ist, schon allein wegen der Goldreflektionen wunderschön und wir verbringen hier viel Zeit.

Kaum sind wir mit Herrn Hans dreirädrigen Helikopter abgehoben, sind wir auch schon vor der nächsten Pagode gelandet. Was ein Kulturstress, hatte mich auf so eine gemütliche Öttelei über Pisten, Brücken und durch Palmenhaine gefreut, aber, was soll ich sagen. Er ist unerbittlich und scheucht uns in den nächsten Tempel. Hier gehts kulturell voll ab, wie die jüngere Generation es ausdrücken würde. Die Pagode, deren Namen ich nicht kenne, da sich nicht mal im Netz, geschweige denn im Reiseführer Informationen dazu finden lassen, scheint ein, nun ja, wie soll ich es sagen, spirituell interessanter Ort zu sein. Neu und alt liegen hier ganz nah aneinander, also kulturhistorische Neuware sozusagen. Das der Laden ganz up-to-date ist, sieht man schon an einem Glockenträger.

Diese Figur hat ein liebevoll reliefartig ausgearbeitet schwarzes Funktelefon im Saum des Longhis stecken. Da sage mal noch einer, Technik und Spiritualität ließe sich nicht vereinbaren! Um den Sockel der Pagode gibt es einen tunnelartigen Gang, in dessen Innern sich eine Batterie kniender Buddhafiguren befinden, rundum die gesamte Pagode, aufgereiht wie die Perlenschnur einer siamesischen Königstochter. Tja, dazu hat man das Innere, atmosphärisch fragwürdig in kältestem Neonflutlicht getaucht, auch noch weiß gefliest - die weiße Roswita, 20x20, wie der Sanitärfachmann sagen würde. Durch das kalte Licht und die klinisch anmutenden Fliesen wirken die alten und teilweise massiv geschädigten Figuren surreal und anachronistisch, wie eigentlich die gesamte Anlage. Kitsch as Kitsch can be. Hier stehen grellbunte Figuren rum, die auch in einem engen, stickigen Spielzeugladen in Kowloon vorzufinden wären. Mein ästhetisches Highlight ist eine Figurengruppe, die vermutlich verstorbene Yogis des Tempels und der Gemeinde darstellen. Tja, so wie sie da hocken, könnten sie auch noch leben, denn die drei Mönche im Buddha-TV haben sich auch nicht viel mehr bewegt. Besonders gefällt mir der Kollege mit der Ray-Ban GI-

Pilotenbrille. Den hätte ich ja mal gern life erlebt, eigentlich hätte der ins Buddha-TV gehört. Aber irgendwie müssen die Jungs ja angesagt gewesen sein, wenn man den liebevoll gemalten bewölkten Hintergrund bedenkt. Elvis wäre bestimmt neidisch auf diese Devotionalie.
Nun ist es Zeit, dem liegenden Buddha von Bago unsere Aufwartung zu machen, nicht, dass wir da irgendein Mitspracherecht hätten. Herr Han ist Herrscher über unser touristisches Schicksal dieses Tages geworden und noch bevor mein Fuß vollständig auf der Ladefläche ist, dreht er den Gashahn seines Feuerstuhls durch und im Tiefflug geht es weiter. Dazu ötteln wir mit seinem einzylindrigen Dreirad, das beim Beschleunigen das leicht schrappende Geräusch eines hin und her hüpfenden Sackes Muscheln macht, über baufällige Brücken, durch Wohngebiete und über Nebenstrecken, die nur aus Sandpisten bestehen.





Am Shwethalyaung Buddha geht es hektischer zu, als an den anderen Pagoden, da gerade mehrere Reisebusse voller burmesischer Pilger eingetroffen sind und sich alle aufgeregt durcheinanderschnatternd jeden zweiten Meter vor dem liegenden Buddha selbst ablichen, andere ablichten, den liegenden Buddha ablichten und natürlich mit jedem von uns beiden abgelichtet werden möchten. Da wir die einzigen Bleichgesichter an diesem Morgen sind, gefühlt sind wir die einzigen beide Westler in ganz Bago, verliert der uralte liegende Buddha ein bisschen an Popularität und nach einer halben Stunde der Dauerselfies überlege ich, ob ich nicht Autogrammkarten drucken lassen soll oder besser noch eine ökonomisch ausgerichtete Modelkarriere in Bago am Shwethalyaung Buddha anstreben sollte. Die ganze Anlage ist ziemlich groß, kein Wunder, denn der liegende Knabe hat fast 55 Meter Länge.


Da ich mir die gesamte Buddhastatistik eh nicht merken kann, mache ich einfach ein Bild von den Maßen. Da sagt man immer, die Länge macht es nicht, aber in Sachen tönerne Buddhas ist Länge DER Maßstab. Aber, bei aller Ironie gefällt es mir hier ziemlich gut, denn die Stimmung der Menschen hier ist ausgelassen, fröhlich und andächtig zugleich. Vielleicht liegt das daran, dass das Gesicht dieser Figur sehr viel menschliche Wärme und Sanftheit ausstrahlt. Der Unterschied zu vielen anderen liegenden Buddhafiguren ist wirklich augenscheinlich. Tatsächlich gilt der Shwethalyaung Buddha auch als einer der lebensähnlichsten Buddhas überhaupt. Natürlich gibt es auch hier wieder eine rührseelige Legende, um die sich die klammen Spinnenweben der Geschichte dieses Erdteils ranken. Der Mon-König Migadepa II. - lieber Leser, zur Abwechslung ist dieser royale Knabe mal gut auszusprechen, wie ich finde - hat um ca. 1000 diesen Buddha bauen lassen. Wie das aber mit allen Herrschern, Despoten und Reichen so ist, geht die Geschichte niemals spurlos daran vorüber und so war die Figur dem Verfall geweiht und als das Königreich Bago im 18. Jahrhundert seinen Niedergang erlebte. Von der Vegetation überwuchert „verschwand“ die


Figur im Dschungel und schließlich geriet der Buddha in Vergessenheit. Natürlich haben die Briten Ende des 19. Jahrhunderts alles wieder ausgebuddelt und gut 20 Jahre daran rumrestauriert. Wir umrunden den langen Heinrich mehrfach und, ehrlich gesagt, bin ich ziemlich beeindruckt, da man sich wirklich nur schwer der Harmonie und Sanftheit entziehen kann, die von diesem Ort ausgeht. Nicht, dass es hier zurückhaltend und gedämpft zugehen würde, nein, wahrlich nicht. Dennoch ist es einer der wirklich magisch-spirituellen Orte Burmas, was nicht zuletzt an den „Gesichtszügen“ des Buddha liegt. Natürlich ist der Goldene Felsen ein spannender Ort, aber bei all seiner Erhabenheit, groß, mächtig, golden und auf 1500 Meter Höhe über den grünen Tälern gelegen. Doch die ökonomisch ausgerichtete Spiritualität hat mehr so den Charme von Disney Land, als wirklich ein Ort der Einkehr zu sein. Die Tempel von Bagan sind natürlich ein faszinierendes Fleckchen Erde, wirken aber - trotz ihrer noch aktiven

buddhistischen Funktion - mehr wie ein exorbitantes Freiluftmuseum. Hier, am Shwethalyaung Buddha treffen viele Faktoren aufeinander und erzeugen eine magische Stimmung, ohne reißerische Effekthascherei. In den 30ern wurde dem liegenden Kerl ein überdimensioniertes Mosaikkissen untergeschoben und für die Gläubigen der marmorner Boden verlegt. Es glitzert und funkelt in der gefliesten Überdachung, als hätte Swarowski schon seit 100 Jahren eine Filiale in Rangoon betrieben und den Exklusivvertrag mit den Mönchen des Shwethalyaung Buddha. Allein an den knapp 8m langen Fussohlen werden sich ganze Herrscharen an Mosaiklegern, Spiegelmachern und Steinschleifern ausgetobt haben, worin sich eine unfassbare spirituelle Hingabe ablesen lässt. Von großzügiger Bezahlung kann hier nicht aus gegangen werden, denn in Asien war es eher Tradition, andere für Prunk zahlen zu lassen. Wie hat es einer der Guides in Udaipur im Maharadschapalast so schön ausgedrück: „Traditionell ließen sich die Maharadschas ihre prunkvollen Behausungen vom armen Volk bezahlen ...“

Beim Verlassen der Anlage weist uns Herr Han noch auf einen weiteren liegenden Buddha hin und natürlich duldet sein hartes Kulturregiment keine Ausflüchte. Im Angesicht eines schweren Monsoonschauers traben wir zu der grün gefliesten Betonplatte, auf dessen Podest sich ein Betonbuddha, natürlich irre lang, wie es sich für einen liegenden Buddha gehört, in goldenem Schnap rumchillt, dabei etwas dösig in die Gegend glotzt und versucht mit Goyas Nackter Maya wettzueifern. Natürlich imposant - size does matter - aber im Vergleich zu den verträumt-entrückten Zügen des „alten“ Buddhas mehr so ein Abklatsch aus den frühen 50ern. Es ist ein bisschen so, als hätte man gerade den Louvre besichtigt und wäre anschließend durch die Stuttgarter Weißenhof-Siedlung geschlendert.

Kaum sind wir halbwegs angeschnallt, schaltet Herr Han den Turboboost ein und wir bekommen zünfiges Verkehrschaos geboten. Bago ist erwacht und man rüstet sich zum Mittagessen, auch im Kyaly Khat Wai Kloster. Eigentlich bin ich mir nicht sicher, ob ich dieses versprochene touristische Highlight tatsächlich brauche. Im Kyaly Khat Wai Kloster kann man Mönche beobachten, wie sie aufgereiht sich zum Essen anstellen und dann gemeinsam futtern. Natürlich alles farbenfroh und im burmesisch-asiatischen Technicolor. Aber der geneigte Leser stelle sich jetzt vor, wie man zwanglos im Alten Gasthaus Leve zum Essen verabredet ist, der Tisch noch nicht frei ist und man in einer Schlange für das Freiwerden des Mittagstisches ansteht. Dabei wird jeweils eine chinesische, indische, japanische und burmesische Reisegruppe von verschiedenen Taxifahrern hereingeleitet, um hinter einer Absperrung hektische zu filmen, wie man westfälisch zurückhaltend in dunbkelblauem Steppmuster gewandet sein Essen gebracht bekommt und schweigend konsumiert. Natürlich alles unter dem permanenten Surren der Kameras ... Wir sind eh zu spät und verdrücken uns unauffällig, da das Kloster gerammelt voll mit einer westlichen Busreisegruppe aus Rangoon ist, die zur Hälfte aus yogabewegten Ellihosen und karierten Jack-Wolfskin-Kurzarmhemden besteht. Die Yogafraktion ist natürlich tief bewegt von den mampfenden Mönchen und will auf Teufel-komm-ra... oh, der geneigte Leser mag entschuldigen, natürlich auf Siddhartha-komm-raus kommunikative Interaktion mit den Rotgewandeten ... das Scheitern selbiger wird vermutlich zu frustrativen Yoga-Burn-out führen, was umgehend nach einem Achtsamkeits-Retreat verlangt ... Leider sind die Jungs völlig überfordert mit der Elibuxenfraktion, sodass es eher eine ziemlich peinliche Situation ist und wir uns dezent verdrücken. Bevor der geneigte Leser jetzt den Eindruck bekommt, ich hätte was gegen ein zünftiges Yoga-workout, den muss ich enttäuschen, ich mag nur den gestelzten Umgang spezieller Yogafetischsten nicht und natürlich die aktuelle Erhebung des Ganzen in eine spirituelle Erleuchtung, wo es doch überwiegend nur eine mantrisch wiederkehrende Modeerscheinung in jeder Generation ist. Wir sind dann mal weg, ist einfach zu anstrengend, wenn Westler versuchen asiatischer zu sein, als Asiaten selbst ...






Zwischenstopp zum Mittagessen in der Nähe des Bahnhofs, ein Tipp von Herrn Han. Ein geräumiger Schuppen, mit dem üblichen Plastikmobiliar, emotionslosen Neonröhren und jeder Menge Aquarien, wo man sich sein Mittagessen aussuchen kann. Außer uns nur Einheimische, die unsere Unbeholfenheit in der Kommunikation mit einem Lächeln und vielen einladenen Gesten überspielen. Mit einsetzendem Regen schiebt der ein oder andere Gast sein Moped - zu unserem Erstaunen - in den Gastraum. Mal ehrlich, warum auch nicht, bei den Niederschlagsmengen käme man ja nicht aus dem Putzen heraus. Es gibt Shannudeln und irgendwas Undefinierbares, was aber ziemlich lecker ist. Der Laden ist einfach super, allein die Verkabelung an den Wänden würde jeden Telekommitarbeiter in tiefste Berufsdepressionen treiben, einen italienischen Trattoriabesitzer hingegen gar nicht, die Ähnlichkeit zwischen der dekorativen Anordnung der Kabel und frisch aufgeschüttenden Spaghetti ist frappierend. Zeit zum Durchatmen haben wir nicht, Herr Han ist gnadenlos, wenn es um sein Kulturprogramm geht. Auf, auf, aber zackig!

Schwupps und schon stehen wir vor dem Elefanten-Tempel von Bago. Ich muss gestehen, den Überblick über Bagos spirituelle Kultstätten verloren zu haben, denn der burmesische Name dieses Klosters ist mir schlicht weg entfallen. Immerhin stehen wir vor einem Kloster, dessen Eingang von zwei überdimensionierten weißen Elefantenfiguren besetzt wird, die auf einer ebenso überdimensionierten, grün gestrichenen Mauer über Kommen und Gehen auf der kleinen steilen Treppe zum Eingang hin wachen. Die exorbinaten Dekopachydermen lassen ja auf allerlei asiatischen Zierrat schließen und meine simple Designerseele frohlockt, als wir an diesen monströsen Viechern zum hoch gelegenen Eingang stapfen. Nur, um sofort wieder die schier unendliche Vielfalt burmesischer Fliesenvielfalt bestaunen zu dürfen. Wäre jetzt ein Bademeister in Addiletten an mir vorbei gelaufen, hätte es mich spontan in den Schwimmunterricht meiner Grundschulzeit im Ostbad transzendiert. Spontan kommt mir der Gedanke, dass das gar nicht real ist, sondern ich mich gerade auf einer bewusstseinserweiternder Mediationsstufe befinde, dessen Gedankenkreise meine miesen Schwimmkünste der frühen Jungend meiner Seele zur Aufarbeitung anbieten. Aber ich bin schnell wieder auf dem Boden der Tatsachen, denn in der großen Klosterhalle spielen die jungen Novizen Fangen, zwischen all den goldenen Säulen. Wir werden zu Tee und Kommunikation genötigt, was ziemlich spannend ist. Scheinbar verirren sich kaum Bleichgesichter hinter die beiden weißen Elefanten, was sich eindeutig darin wiederspiegelt, dass wir nicht genötigt werden, dem heiligen Elefanten Geld zu spenden. Daran ist man hier gar nicht interessiert. Einer der älteren Mönche will quatschen - und zwar mit einer Frau. Also verwickelt er

Anni in ein Gespräch und ich stolpere unabsichtlich in den Kalligrafie-Unterricht. Gerade höre ich noch, wie er Anni berichtet, dass sein Englisch-Selbstunterricht im Hören und Nachsprechen von Barak Obama-Podcasts besteht, da haben mich die kleinen Novitzen zun den niedrigen Pulten geführt, auf denen dazu lose Blätter und alte Schriften bereit zum Kopieren liegen. In hockender Stellung zeigen sie mir voller Stolz, wie sie Wort für Wort, Seite für Seite aus den vergilbten, stockfleckigen Papierstapeln kopieren. Natürlich werde ich mich aufgedordert, mich an der mühseligen Arbeit zu beteiligen. Also hocke ich mich, unter dem grimmigen Knacken meiner Kniegelenke hinter eins dieser Hockpulte (ist das kulturelle Gegenteil von unserem Stehpult) und beginne die Blümchenschrift zu kopieren. Die Tatsache, dass ich von den verschmitzten Lausenovitzen einen burmesischen Einheitskulli bekommen habe,



lässt an der Ernsthaftigkeit ihrer Absicht zweifeln und ich beginne würdig dreinblickende Nasenmännchen zu zeichnen. Natürlich das Ziel ein jeden Künstlers, irgendwann einmal im Louvre oder zumindest im Prado zu hängen, aber als ich aufgefordert werde, meine Skizzen doch auf dem Rand der uralten buddhistischen Texte zu verewigen, zögere ich. Manch ökonomisch ausgerichteter Künstler würde nicht eine Sekunde überlegen und ein ästhetisches Highlight hinterlassen. Aber, nun ja, wie soll ich es sagen - ich bin von Hause aus ein ziemlich bescheidener Mensch und mir wäre es doch ziemlich unangenehm, wenn die gesamte Kunstwelt zu der neu entstehenden Guggenheimfiliale im Elefantentempel von Bago pilgern würde, um meine Nasenmänchen auf buddhistischen Schriften zu bestaunen ...

Inzwischen ist ein heftiger Monsoonregenschauer über Bago hinweggezogen und die Sonne lacht wieder mit ihren +42º Wärme und 80%iger Luftfeuchtigkeit. Noch stehen mindestens zwei Kulturstopps auf der Liste. Was so eine richtig zünftige asiatische Pilgerstadt ist, die hat natürlich auch einen Schlangentempel. Nun ja, was soll ich da sagen. Ein Schlagentempel, so, so! Es gibt einfach Dinge, die sind im begrenzten geistigen Raum des Westens einfach unerklärlich. In unserer nüchterne-rationalen Welt gibt es keine Alltagswunder, von denen zahllose uralte zahnlose Yogis künden, religiöse Erleuchtungen, die in überfüllten Basaren von Mund zu Mund weitererzählt werden, farbenfrohe Mythen, die in dunklen Gassen geflüstert werden, geschweige denn die spirituelle Erleuchtung flutschiger Großreptilien. Dabei hat das Preisen erleuchteter Viecher in diesem Teil der Erde eine unendlich lange Tradition. Überall in den tief spirituellen Gefilden des Buddhismus treten diese originellen Anbetungsformen auf, sodass Grizimeks Steinlaus dagegen so spannend ist wie abgestandener Kamillentee. Allein in Indien gibt es die gesamte animalische Anbetungspalette, Rattentempel, Affentempel, usw ... darüber hinaus gibts zusätzlich auch

noch Kühe in und um jedem Tempel. Also die Frage ist nicht wie bekloppt sind die Asiaten, sondern wie öde und leer ist unsere spirituelle Fantasie? In meiner, wie gerade erörterten faden Westfantasie, hatte ich mir ein architektonisch sehr ansprechendes, exotisch anmutendes mehrstöckiges Tempelgebäude vorgestellt, mit allerlei filigran verzierten, wenn auch nicht jugendfreien, Sex-Reliefen - so ein bisschen wie in Khajurao. Natürlich wurde ich wieder ein Opfer meiner naiv-ästhetischen Träumerei, denn der Tempel, lässt sich schwerlich als solcher zu bezeichnen. Eigentlich könnte das Gebäude eher als spät 60er Flachdachbungalow in einer marode veralteten Neubausiedlung in Sête an der Cote Azur stehen. Besonders die Balustraden, die den Bau umgibt ,erinnert eher an die Toskana als an die exotisch-architektonischen Tiefen der Tropen. Dazu kommt die übliche Roswita weiß, 20x20 ... Wie gesagt, der geneigte Sanitärfachmann hätte an einem Kulturtrip nach Bago seine helle Freude und vermutlich würde sich in selbiger Reisegruppe auch ein Pathologe befinden, erinnert doch die Neonbeleuchtung an der Decke mehr an die Obduktion von Leichen, denn an die opulente Behausung eines erleuchteten Glibberviechs. Die im Innern vor sich hin chillende Erleuchtungsschlange verharrt regungslos auf bunten Kissen und Fleecedecken. Allerlei offizielle Schlangenwächter und Gläubige drängeln sich in der Flachdachtempelei, beten und legen großzügige Spenden auf die fetteste Stelle des armen Reptils. Das Vieh ist so fett, als hätte es aus lauter Verzweifelung eins der plüschigen Kissen geschluckt, aber wir bekommen raus, dass die Schlange mit Tonnen von Eipulver gefüttert wird. Die daraus resultierende Fresslähmung führt zu der unbeweglichen Starre, damit die gläubige Pilgermeute das

Heiligtum ungehindert angrabbeln kann. Der Sage nach ist der heilige Lurch hier das übrig gebliebene Heiligtum - von zwei erleuchteten Schlangen - die ausgerechnet in Bago untergekommen sind, und bei übelst spiritueller Vollpension vor sich hin dämmert. Hm, ... für mich sieht das alles nach einer normalen, wenn auch ziemlich fetten, Würgeschlange aus, wie sie zu Hunderten in dunklen Winkeln der Städte und den Baumwipfeln des tiefen burmesischen Dschungels vorkommen. In einer Reportage haben wir gesehen, dass man - nach großzügiger Donation an den Tempel - an der wöchentlich stattfindenden Schlangenwaschung teilnehmen kann. Dann drängeln sich haufenweise Gläubige um das kleine gemauerte Becken, in der das Reptil geschrubbt wird. Im Film konnte man deutlich den panischen Zustand sehen, in der das arme Tier versuchte, den Massen zu entkommen ... Das hat für mich alles nichts mehr mit Heiligkeit und Glauben zu tun, sondern mit massiver Tierquälerei. Manchmal macht es mich sprachlos, was im Namen irgend eines Gottes so alles für ein schwachsinniger Budenzauber veranstaltet wird. Nun ja, Wunder über Wunder des Orients.

Die letzte Station unseres Megakulturtrips ist die Shwemawdaw Pagode. Eigentlich haben wir schon den ultimativen Pagoden-visukill hinter uns, aber dem geneigten Leser sei versichert, dass man in Asien in den frühen Abendstunden den überwiegenden Teil der lokalen Kulturstätten fast für sich hat. So fliegen wir mit unserem Dreiradhelicopter über die vierspurigen Pagoda Road auf die beiden riesigen Chinthes am Pagodeneingang zu. Der Himmel verdunkelt sich wieder ein wenig bleiern und kündigt darüber hinaus, mit stetig drückender werden Luftfeuchtigkeit, den nächsten Regenguss an. Aber das kulturbegeisterte Bleichgesicht kann so ein läppischer Monsoon-Regenschauer nicht aus der Ruhe bringen. Sicherlich will der Leser jetzt gleich wieder die historische Faktenlage checken - nun gut - Ihr habt es so gewollt: Der vornehmlichste und für die einheimischen Bagonesen natürlich auch der wichtigste Aspekt ist, dass die Shwemawdaw Pagode ( Shwemawdaw wird übrigens Schwemodo ausgesprochen) höher ist ,als der Shwedagon in Rangoon! Jawohl, dass musste hier ans Tageslicht gezerrt werden, obwohl die Rangoonesen das umgehend immer aufs Schärfste dementieren würden. In diesem Wettstreit wird sogar die Topographie beider Städte mit einbezogen. Da wird jeder Millimeter Geröll mitgerechnet, um auf Länge zu kommen ... und da sagt man immer, die Länge macht es nicht. Fakt aber ist, dass das goldene Türmchen in Bago 114 Meter hoch ist und damit höher, als der 93 Meter hohe Shwedagon! Überhaupt die ganz viel höchste in ganz überall in Myanamar - das ist gaaanz wichtig lieber Leser. Fremder kommst Du nach Bago, huldige der größten - äh nein -

höchsten Pagode des Landes ... Wie schon der liegende Buddha hat man hier an der Pagode auch das ein oder andere Erdbebenproblem gehabt. Besonders 1930 muss es hier ganz schön gerummst haben und dabei ist die alte Pagodenspitze heruntergestürzt. In Anbetracht der massiven Zerstörungen hat man die zerstörte Spitze der Pagode am Fuße des Podests liegen gelassen und als Mahnmal für die Opfer des Bebens aufbereitet. Aber zurück zu den Fakten, den wichtigen. Natürlich sind zwei Haare Buddhas in dem goldenen Pylonen eingemauert, wie kann es auch anders sein, was die Shwemawdaw Pagode zu einem der wichtigsten spirituellen Zentren des Landes macht. Mein Gott, was muss der Kerl Haare gehabt haben oder aber natürlich massiven Haarausfall, dass er überall in Asien welche verloren hat ... Wunder über Wunder ... Aber letztlich hat Bago noch zwei Zähne von Buddha dazu bekommen, irgendwann im 9. Jahrhundert, was mich natürlich auch sofort stutzig macht. Im Kopf rechne ich wieder mal alle menschlichen Zähne zusammen und lande spontan bei der Zahl 32. Dazu zähle ich im Stillen alle Pagoden auf, die Zähne des Buddha im Innern haben (sollen). Das bringt mich unweigerlich zu der Tatsache, dass mit der Erleuchtung auch ein exorbitantes Zahnwachstum einhergeht, wobei die Visualisierung der ausgedehnten heiligen Knabberleiste


vor meinem geistigen Auge mir umgehend ein Grinsen auf die Lippen zaubert. Andererseits hatte ich schon mal erwähnt, das der buddhatechnische Devotionalienhändler natürlich auch in seiner Buchführung geschlampt hat und versehentlich die Zähne einiger wiederkäuenden Paarhufer über den Ladentisch hat gehen lassen ... Fragen über Fragen des Orients. Neben den heiligen Ersatzteilen des Buddha gibt es noch allen möglichen anderen Kram, den verschiedene Könige in Bago abgeladen haben, dabei ist mein Highlight eine Pagodenspitze von Bodawpaya. Super finde ich eigentlich, das der Typ der Pagode seine Aufwartung machte - vermutlich so mit ins Paradies kommen, Jungfrauen, Wind zugefächelt bekommen - so was halt. Auf der anderen Seite hat der Knabe seinen Neffen Phaungkaza Maung Maung (den Namen ruhig zwei mal laut lesen) ersäufen lassen, nachdem der sich Ende des 18. Jahrhunderts unrechtmäßigerweise zum König erklärte. Irgendwo hab ich gelesen, dass bei seinem ganzen


Rumgemeuchel Bodawpaya den Palast dann als zu „besudelt“ empfand, - stimmt, echt ne Frechheit - und verlegte kurzerhand die ganze Königsstadt in die Sümpfe von Amarapura. Das Beste ist, da wollte er ja nicht allein rumchillen, also musste das Volk auch mit umziehen in die feuchten Moskitokolonien. Damit die rachsüchtigen Verwandten nicht auf dumme Ideen kommen konnten, wurde die alte Königsstadt kurzerhand dem Erdboden gleich gemacht. Logisch - wer würde das nicht so machen? Der Kerl hatte anscheinend nicht viele Hobbies, denn Bodawpaya hatte 62 Söhne und 58 Töchter mit mehr als 200 Ehefrauen. Die ganze Geschichte bekomme ich nicht auf die Reihe, denn spätestens beim Mord an seinem jüngeren Bruder hab ich in der historischen Beziehungsmatrix, wer jetzt wen abgemurkst, den Überblick verloren.





Überhaupt ist der Ort unfassbar anregend, denn hier gibt es noch die alte Berufsgruppe der Astrologen und Handleser. Jawohl! Leider hatte der gute Mann schon sein Büro geschlossen, schließlich ist es ja Mittwoch- nachmittag. Der Astrologe und Handleser gehört ja wohl eindeutig zum medizinischen Sektor, zumindest hat er was von Bio-Rhythmus auf seinem Schild stehen. Wenn es mal mit meinem Job nicht mehr geht, dann ist das doch eine weitere Alternative (der geneigte Leser erinnert sich an meine Überlegungen Snake-Charmer in Indien zu werden...). Die Wichtigkeit dieses Ortes in der Pagodenrangfolge lässt sich auch daran ablesen, dass es hier gleich zwei


Astrologenvertretungen gibt - also hm, nehme ich an. Vielleicht ist es ja auch eine Filiale, wer weiß das schon? Das Marketing ist perfekt - Bio-Rhythm System & Scientific-System - steht auf seinem Schild geschrieben. Inhaltlich muss ich mich zwar einarbeiten, aber scheint kein Hexenwerk zu sein, hm ... na ja, vielleicht doch? Da es keine Schlange von dem Büro des Sternenflüsteres gibt, scheint heute kein Bedarf an Glücksstories oder dem Auslesen von Handlinien zu bestehen. Bin natürlich etwas enttäuscht, hätte mich schon interessiert, was der Astrologe so zu meiner gefurchten Flosse zu sagen hat. Zukunftsvisionen sind immer spannend, überall auf der Welt. Der letzte türkische Kaffeesatzleser prophezeite mir, dass ich reich, berühmt und schön werde! Ist voll eingetroffen, würde ich sagen. Wunder über Wunder des Orients . . .


