Mit DJ Punjabi im Goldenen Tempel . . .
- Ingo
- 11. Juni
- 10 Min. Lesezeit
Depesche 06 - Amritsar - 2018

Mühsam komme ich wieder ins Leben. Als ich die Augen aufschlage finde ich mich in einem sehr indischen Hotelzimmer wieder. Die Decke ist etwa 4m hoch, in deren Halbdunkel ein Ventilator seine Runden dreht. Das breite Bett ist aus dunklem Holz und mit vielerlei Schnitzereien verziert. In den schlichten, weiß getünchten Wänden sind etliche Nischen, in typisch orientalischer Schlüssellochform, eingebaut. Die Fenster des hölzernen Erkers sind mit Holzläden verblendet, die zumindest die Wärme, wenn schon nicht das Hupen raushalten. Vor dem Bett steht eine geschnitzte Recammiere..... Alles in allem ein sehr schönes, wenn auch altes, indisches Zimmer. Es hat Charme und uns auf Anhieb gefallen. Wir sind über booking.com in dieser Absteige in der Altstadt von Amritsar gelandet. Osahan Paradise heißt das Hotel, kostet für drei Übernachtungen mit Frühstück umgerechnet 35€Euro. Irgendwie hat sich die Welt des Reisens verändert. Noch vor zwei-drei Jahren ging ohne Reiseführer nichts, jetzt benutzen wir das Ding so gut wie gar nicht. Wir hatten einen Stefan-Loose Führer als e-book aufs iPädle runtergeladen, Karten etc. alles inklusive. Inzwischen hat man in nahezu jedem Hotel mehr oder minder stabiles Netz und über booking.com kann


man die tollsten Hotels finden, die der Reiseführer aus Platzgründen gar nicht bieten kann. Im Vergleich zum Rest der Welt sind hier ziemlich gute Hotels extrem günstig und so bezahlen wir durchschnittlich 12,5 Euro pro Nacht und Nase. Bisher gibt es keine Beanstandungen, denn die Bewertungen auf booking.com stimmen ausnahmslos (zumindest für Indien). So buchen wir immer, sobald wir unsere Transporttickets in den Händen halten über diese Plattform das nächste Hotel. Die indische Travellerszene ist gut auf dieses System eingespielt, denn, wann immer wir irgendwo ankommen, sind alle Daten da und die Zimmer fertig. Tja, der Rucksackreisende von heute ist halt etwas bequem geworden.
Nach einer extrem anstrengenden 6 stündigen Busfahrt von Chandighar nach Amritsar, kommen wir gegen halb 11 am dortigen Busbahnhof an. Die Fenster des gläsernen Überlandsarges waren allesamt mit schwarzem Tonpapier verhängt. Wer zuletzt kommt sitzt natürlich am Ende des proppenvollen Reisezäpfchens und Anni starrt 4 geschlagene Stunden - die aufsteigende Übelkeit bekämpfend - auf des rote Lichtlein des ausgeschalteten Bus-TVs.
Da es meinem Bauch besser geht, der Durchfall ist zwar immer noch nicht weg, nehme ich die orientalische Verhandlerei gelassener. Es sind ziemlich warm, doch nicht mehr so drückend. Nach dem wir drei Tuktukfahrer wegen überhöhter Touristenpreise haben stehen lassen, finden wir einen alten Sikh, scheint der Tag der alten Sikh-Fahrer zu sein, der uns für einen vernünftigen Kurs zu unserem Hotel bringt.

Frühstück ist inbegriffen und ich verspüre das erste Mal seit der Delhivergiftung richtig Appetit. Das Frühstück wird im Frühstücksraum eingenommen, der sich im Erdgeschoss neben der Garagenfläche befindet. In Indien werden, besonders in alten Stadtteilen im Erdgeschoss Autos, Mopeds, Fahrräder, auch mal Hunde oder die Angestellten abgestellt. Die halbe Fläche war also hier betoniert und die andere Hälfte gefliest, mit (wie soll der geneigte Gestalter des Begriff „hässlich“ umgehen) farblich wenig ansprechenden Fliesen. Darauf steht ein Tisch aus hochglanzpoliertem Holz, bedeckt mit Häckeldeckchen, die wiederum mit einer Plastikfolie überzogen ist. Darauf thront eine große indische Vase, deren Plastikblumen dringend eine Entstaubung benötigten. Zwei große Plüschsofas runden das Ensemble ab. Zu nachtschlafender Zeit pennt hier der Angestellte Kalfaktor des Hotels. Alles in allem sieht der Frühstücksraum sehr nach einen etwas verlotterten Herren-WG aus, sorry nach einen Sikh-WG.... kulturell immer hübsch bei der Stange bleiben.

Vorteil unserer Frühstücksgarage ist, dass man immer einen Blick auf die Straße hat, wo um die Zeit nur die Milchlieferanten unterwegs sind. Der Milchmann im Punjab und ich, wir haben eine enge Beziehung. Der Sikhmilchmann fährt in der Regel eine 125 Honda Hero, das alte Modell. Dieses Modell ist oft total verrostet, rappelt an allen Ecken und Kannten, der Motor ist nicht zu hören, weil dem Rest die Geräuschkulisse aneinander reibenden Rostplatten innewohnt. Spiegel sind meist abgerissen, werden für den nach vorne ausgerichteten Verkehr in Indien eh überbewertet, die Blinker baumeln nur noch an einem Kabel hin und her, bis die Witterung für einen natürlichen Blinkertod in der Gosse sorgt. An diesem Gefährt hängen bis zu 20(!) Milchkannen unterschiedlichster Größen, für jeden Kunden eine individuelle Kanne. Die Milch ist gekühlt, was man an der eifrig abperlenden Kondenswasserbildung sehen kann. Diese Transportkaste gibt es in ganz Indien, aber.... im Punjab haben die Milchkannen die Form zweier stumpfer Kegel, ein sehr großer und ein kleiner, deren stumpfe Enden auf einander stehen. Dazu kommt, dass diese Kannen aus Messing sind, uralt, verbeult und an der Taille mit Hanfstricken an der Milchkarre befestigt werden. Mit gut einen Meter Höhe sind sie einfach zu groß fürs Flugzeug.... leider.

Während wir auf das Sikh-WG-Personal warten, ich Milchkannen hinterherschmachte, hat Anni bereits mit einer Griechin Freundschaft geschlossen, die mit ihrem indischen Freund in Amritsar ist. Die Küche ist übrigens ganz oben in der 4. Etage, sodass der Koch, der Hausboy, Rezeptionist, House keeping und Elektriker in einer Person ist, mit jedem Gericht einzeln die Treppe rauf und runter hastet. Interessanterweise ist er derjenige, der kaum bis gar nicht Englisch spricht, jedoch 90% aller Arbeiten für die englischsprachigen Gäste erledigt! Verrückte Welt. So essen alle nacheinander (!) und der Kaffee und Tee kommen ebenfalls separat. Inzwischen ist noch ein Franzose zu dem Klübchen hinzugekommen und wir haben alle Spaß. Dieses Mal konnten wir wählen und todesmutig nehmen wir das Punjab-Frühstück und verschmähen Toast mit Rührei und Plastikmarmelade. Kartoffeln sind in das Roti, das ist hier das übliche Plattbrot, eingebacken, leicht gesalzen und dazu gibt es ein kleines Schälchen würziges Dal (Linsen). Mit wirklich großem Appetit verputze ich das Punjabifrühstück - es schmeckt wirklich vorzüglich - nicht schlecht für die Herren-WG. Mehr Durchfall kann ich eh nicht bekommen, also, was soll´s - ist das Leben so vieler Fragen wert?

Dennoch besuchen wir eine Apotheke, es ist an der Zeit ein Antibiotikum einzuwerfen, um die Darmtätigkeit zu normalisieren. Wir erstehen ein Antibiotikum - in ei- ner Apotheke - für uns ist es mehr so - wir waren auf dem Basar. Aber, Hut ab, der Apotheker schien richtig Ahnung zu haben und aufrichtiges Mitgefühl. Er erklärt uns die Dosierung, fragt mehrfach die Symptomatik ab und findet in seinem Verschlag, der ähnlich eingerichtet ist wie der Schlüppershop in Shimla, tatsächlich ein Antibiotikum. Tja, fragen sie ihren Arzt oder Apotheker. An der Apotheke, die irrwitziger Weise auch bei Google Maps aufgeführt ist, ziehen 1000de beturbante Pilger vorbei und streben in Richtung des Goldenen Tempels. Der ist keine zwei Minuten von unserem Hotel entfernt und so mischt sich der mantrische Gesang der Tempelsänger mit modernstem Rap, DJ Punjabi ist gerade wieder voll im Trend, der durch die engen Gänge der Basare schallt. Im Goldenen Tempel werden ca 20. Std. pro Tag Mantren gesungen und mit Trommeln begleitet. Der Tempel öffnet um 3:30 Uhr und ist bis 0 Uhr geöffnet. Pro Tag kommen hier etwa 25000 Pilger zu Besuch und ca 20000 werden davon kostenfrei verköstigt. Da es sich um ein aktives spirituelles Zentrum handelt, gibt es keinen Eintritt. Es gibt nur zwei Regeln, das Haar bedecken und barfuß sein. Nicht schwer also, dennoch gibt es immer wieder Touristen, die versuchen mit Latschen und ohne Kopfbedeckungen reinzukommen. Fremdschämen ist angesagt. Es gibt eine sogenannte Tempelpolizei, die über die Einhaltung dieser zwei Regeln wacht. Sie tragen orangefarbende Turbane, ei- nen indigoblauen Fludderschnap und haben alle einen Speer, der ungefähr so bedrohlich aussieht, wie eine zahnlose alte Cobra. Wie schlendern erst mal um den Tempel und lassen die Basare auf uns wirken, natürlich wird gehandelt, dass sich die Balken biegen, aber wir sind einfach nicht Zielgruppe für den Punjabimarkt. Es gibt religiöse Schriften, Schwerter, Kühlschrankmagneten, Heiligenbildchen mit Hologrammeffekt, die omnipräsente indische Batikplinte mit Ellimuster (Elefantenmuster), die jedoch nur von einer ganz speziellen Sorte aschrambewegter, unfassbar selbstfindungsgestörter Pseudohippies getragen wird. Erstaunlicherweise trägt bei aller spiritueller Tiefenbewegtheit kein Inder diese Ellibuxe. Für den Goldenen Tempel ist da mehr so ein Dolch angesagt, der symbolisiert das Recht des Sikh auf Selbstverteidigung. Natürlich beherbergt der Basar auch die Abteilung Hieb- und Stichwaffen. „Ein Mann braucht ein Schwert zur Selbstverteidigung!“, erklärt mir der indische Waffenlobbyist. „Ohne Schwert ist ein Mann kein Mann!“ Vielleicht geht da mein Laguiole Messerchen zum Obst schälen noch als Schwert durch. Bekümmert reicht er mir ein Schwert, schlecht verarbeitet, stumpf und wackelig und wertet mimisch unsere französiche Wertarbeit in meinen Händen ab. Das Verkaufsgespräch würge ich unsensibel ab, indem ich ihm mitteile, dass ich das, wofür er ein Schwert braucht, mit dem kleinen Messerchen erledige. Diese Argumentation ist ihm neu und passt nicht in sein Schema, so verstummt er. Size doesn’t matter! Andere sind versucht mir alles anzudrehen, was die Selbstverteidigungskaschemme zu bieten hat, von der Streitaxt bis zum Gurkhamesser. „Typical Punjab-Knife“ (klingt wieder wie „Wolln Rose kaufen“), erstaunt frage ich den Schwertschmied, seit wann die Gurkhas Turbane tragen und lasse ihn ratlos zwischen seiner blechernen Selbstverteidigung zurück.

Der Tempel wollen wir erst am kommenden Morgen zum Sonnenaufgang besuchen, da sich dann das Sonnenlicht auf der goldenen Metallverblendung spiegelt. Seit meinem letzten Besuch ist hier viel passiert, der Amtsvorgänger des heutigen Premiers Modi, Singh war Sikh. Unübersehbar ist hier unfassbar viel Geld nach Amritsar geflossen. Der gesamte Basarbereich ist mit rotem Sandstein neu gebaut und auch das religiöse Kongresszentrum, das jetzt zum Tempelbezirk gehört, ist mit Tonnen von weißem Mamor verkleidet. Die Zwiebeltürme der Seitengebäude des Tempels werden gerade vergoldet und die Vorplätze sind ebenfalls sehr weitläufig mit Marmorvertäfelung ausgelegt. Aber wir müssen erst mal unsere Weiterfahrt organisieren und so verlassen wir waffenlos den Basar.
Zurück in der Herren-WG wird uns ein Reisebüro em-pfohlen, was etwas außerhalb der Altstadt liegt. Trotz der Gluthitze, permanenten Durchfalls und der Tatsache, dass wir für den 10 minütigen Marsch vom Hotel aus kein Schwert dabei haben, finden wir das „Reisebüro“ sofort und produzieren einen Menschenauflauf. Das „Reisebüro“ ist ca. 5m lang und etwa 1,20m breit, gleichzeitig Copyshop, der Ausdruck pro Seite 10 Rupien, Faxservice, Faxsendung pro Seite 10 Rupien, der Schreibwarenladen des Viertels, Einwegkullis für 10 Rupien, Telefonshop, Karten und Kabel für vermutlich mehr als 10 Rupien und eben ein Reisebüro, off license sozusagen. Am Laptop, das der Hitze wegen aufgebockt ist, sitzt ein Inder, ok war zu erwarten! Ein ganz schlanker, feingliedriger Sikh. Ein extrem sorgfältig gebundener indigofarbener Turban thront über sehr feinen Zügen mit milchkaffeefarbener Haut und mit einem überaus gepflegten schwarzen Vollbart, der ihm bis zur Brust reicht. Bekleidet ist er mit einem blütenweißen traditionellem Schnapp aus dessen makellosen Ärmel feingliedrige braune Hände ragen. Ums Handgelenk trägt er einen unverzierten schlichten Silberreif und eine schlanke Hornbrille. Alles in allem eine Erscheinung, die durchaus für Anzüge Werbung machen könnte. Höflich bittet er uns Platz zu nehmen und hört sich mit völliger Ruhe unser Anliegen an. Inzwischen hat sich rumgesprochen, dass Bleichgesichter ins Viertel eingedrungen sind und das weitab der üblich ausgetretenen touristischen Trampelpfade. Zwei Familien mit Kind und Kegel eilen hinzu, alle in weißem Schnapp mit Turban und mit Dolch. Dolch haben auch die Frauen, aber Anni ist vorbereitet, denn sie hat ihr Opinel griffbereit in der Tasche, dennoch kommen wir uns leicht unterbewaffnet vor. Opa wird übrigens gleich mitge- schleppt, nicht weit von uns auf einem Stuhl platziert und die Kinder nach vorne geschoben. Lassen Sie mal das Kind nach vorne! Vermutlich ist der Fernseher kaputt und wir sind der Ersatz für die entbehrten unentbehrlichen indischen Soaps. Die Rubrik der indischen Filmschaffenden werde ich später eröffnen, denn da ist Potenzial nach oben.
Opa hat natürlich seinen Dolch auch dabei, womit er wie eine Mischung aus Messer-Jocke und Miraculix wirkt. Während der orientalische Shopbesitzer mit abendländischer Gelassenheit unsere Flugtickets nach Jaipur organisiert, wird erst mal für die gesamte Familie Softeis organisiert und uns ebenfalls angeboten, ein Spaß - Eisessen mit den Bleichgesichtern. Aber ich muss ablehnen, der Begriff „Foodpoisining“ führt zu unendlichem Mitgefühl und einem Satz, den bisher alle Inder uns gegenüber formuliert haben: „Don`t eat in Delhi!“. “Ach was - nein wirklich?”, denke ich, “und was machen die 25 Mio. Einwohner von Delhi?” Fragen über Fragen. Da sie aber wirklich Mitgefühl an den Tag legen, vermute ich, dass alle wissen, wovon ich rede. Ob alle mal in Delhi essen waren?
Wir bekommen nach 1 Std. unsere Tickets, was schneller gegangen wäre, wenn nicht das halbe Viertel auf einmal hätte faxen - und die andere Hälfte was ausdrucken müssen. Aber wir waren wohl tatsächlich besser als die Soaps.
Der Begriff Soap bringt mich zu der indischen Filmindustrie, die „doppelt“ so groß ist, wie die Hollywoodindustrie.

Also eigentlich ist die Sache schnell erzählt, denn im ganzen Land gibt es verteilt, neben dem heimischen Herd, eine ungezählte Anzahl an Flachbildschirmen, die dem geneigten Reisenden, ob er will oder nicht, die indische Filmkultur näher bringt. Busbahnhöfe, öffentliche Toiletten, in Bussen, auf Flughäfen, auf dem Basar, überall, wo gerade Platz ist, hängt ein Flachbildschirm, dessen magischer Anziehungskraft man sich nicht ent- ziehen kann. Und Soaps sind unglaublich wichtig für den Inder als Solches, so wichtig, das meist Zeit fehlt, die Schutzfolie von den Geräten abzuziehen.
Eigentlich gibt es nur eine Filmform, somit nur eine Handlung, nur ein Schema, nur eine Personenkonstellation und jährlich über dreihundert Filmproduktionen, die TV-Serien nicht mitgezählt. Super ist, dass man des Hindi nicht mächtig sein muss, um dem intellektuell hochwertig choreographierten Plot zu folgen. Es ist so ein bisschen wie bei der Pekingoper, es gibt Regeln. Das ist eigentlich ziemlich ungewöhnlich für Indien, denn für die meisten alltäglichen Präzedenzfälle des Lebens haben die Inder eigentlich keine Regeln.
Der durchschnittliche Blockbuster aus Mumbai sieht einen Helden vor. Ein cooler Typ, mit Magnum-Schnäuzer, heller Milchkaffeehaut, einer recht coolen Lederjoppe - vermutlich von Raymonds, das ist so ein In-Schneider aus Jaipur und mit cremefarbener Buxe, die im Verlauf des indischen Aktionskrachers nie schmutzig wird. Wichtig ist, dass dieser glatte Milchbubi eine Jogi Löw-Frisur hat. Also der Gute! Bei den Temperaturen frage ich mich, wie der Held das in der Lederkutte aushält, denn, selbst nach härtester Action, die Bruce Willis neidisch machen würde, schwitzt der Kerl nicht. Nächster Charakter ist der Böse. Das ist so ein finsterer Typ, der einen schwarzen Stoppelbart hat, schwarze Lederjacke, mit total schwarzen Klamotten und einer schwarzen Jogi Löw-Frisur. Er wird immer dreckig bei der Action und hat immer verzogene Gesichtszüge, als hätte er Durchfall. Das sehe ich inzwischen sofort - mit Kennerblick. Interessanterweise muss der Typ mit der Cremebuxe nie nachladen und die Knarre des Schwatten ist immer gleich leer. Das Leben kann so beschissen sein. So, nächster Charakter: Die Schöne! Die Schöne ist so ein Typ, der so aussieht, wie die Zigeunerin, die auf schlechten Gemälden öfter mal die Flohmarktstände vor dem Schloss in Münster zieren. Die indische Esmeralda sozusagen! In der Regel ist sie, trotz knappester Garderobe, völlig sexlos und muss nur singen und klatschen können. Keusch bis zum Umfal- len, wird diese Schauspielerin niemals eine andere Rolle bekommen. Sie ist zwar der Topact, aber zum Gähnen langweilig. Sie hat zwar keine Jogi-Löw-Frisur, nein sie spielt frisurmäßig eher so in der Liga Paul Breitner in den 70ern. Dann gibt es das Biest: sie sieht genauso aus wie die Schöne, hat aber immer so eine verkniffene Vi-sage und ist intrigant, wie eine französische Hofdame zu Zeiten des Sonnenkönigs. Also eher die Schlampe mit Pfiff. So damit wäre die Besetzung perfekt. Es fehlen noch 200-300 tanzende und klatschende Komparsen mit identischer Jogi Löw-Frisur, zwei Flammenwerfer, die jeden amerikanischen Vietnamgeneral glücklich machen würden, einige schnelle Flitzer, mehrere Tuktuks und eine maharadschaverdächtige Kulisse. Dann geht es los, der Bösewicht erpresst die schöne Keusche mit Hilfe der bösen Fiesen und der Cremehosen-Magnum mit der geladenen Dauerwumme bereinigt alles, so - damit sind gut 40 Minuten Film gefüllt. Der Rest ist akrobatisches Formationszappeln, das man sofort im 4./5. Nackenwirbel Phantomschmerzen bekommt und der Höhepunkt ist, wenn Schönheit und Schnäuzer eine Arie singen und vor Herzschmerz die Augen schließen. Der Rest ist egal, danach kommt nichts mehr, außer vielleicht das Niederbrennen eines Stadtviertels, ca. 100 zerschrottete Suzuki Marutis (Indiens Opel Corsa) und vielleicht 200-300 Tote Bösewichtshelfer, die Cremebuxe mit einer normalen Beretta Python (offiziell 15 Schuss pro Magazin, in Mumbai gibts aber scheinbar die Ewigmunitionierung) erledigt. Old Shatterhand wäre neidisch. Interessant ist, dass in prekären Situationen plötzlich 50 identisch gekleidete Passanten mit Jogi Löw-Frisur spontan mit dem Held tanzen - Saturday Night verdächtig. Schöne klingt bei der Arie wie ein 12jähriger Backfisch nach dem Heliumexperiment im Chemieunterricht, Klasse 9 und Cremebuxe wie die Bee Gees..... Zusammenfassend: Sex gibt es keinen, aber der Rest balanciert zwischen Musikantenstadl, Hitparade und den Gewaltphansien eines amerikanischen Ghettorappers im Sonnenuntergang.